«Bams»: Abgehörte Offiziere nutzten ungeschützte Leitung
Autor: dpa
, Sonntag, 03. März 2024
Eine russische Propagandistin veröffentlicht eine Audiodatei eines Gesprächs deutscher Offiziere zum Waffensystem Taurus. Der Kanzler spricht von einer «sehr ernsten Angelegenheit».
Der Abhörskandal bei der Luftwaffe soll nach einem Medienbericht darauf zurückzuführen sein, dass für die Schaltkonferenz der betroffenen Offiziere keine geschützte Leitung genutzt wurde. Nach dpa-Informationen sprachen die Offiziere über die Kommunikationsanwendung Webex miteinander. Die Webex-Sitzung sei wiederum über eine Büro-Festnetzleitung der Bundeswehr auf die Mobiltelefone der Soldaten abgesetzt worden, schrieb die «Bild am Sonntag» unter Berufung auf Sicherheitskreise.
Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums sagte der «Bild am Sonntag»: «Es gibt Anhaltspunkte, dass mit Blick auf die offensichtlich besprochenen Inhalte ein nicht ausreichend sicheres Kommunikationsmittel verwendet wurde. Dies ist unter anderem Gegenstand der weiteren Untersuchungen.»
Scholz verspricht schnelle Aufklärung
Bundeskanzler Olaf Scholz versprach nach der russischen Veröffentlichung eines Mitschnitts von Beratungen deutscher Luftwaffen-Offiziere zum Ukraine-Krieg schnelle Aufklärung. Am Rande eines Besuchs im Vatikan sprach der SPD-Politiker von einer «sehr ernsten Angelegenheit». Auf eine Frage der dpa nach möglichen außenpolitischen Schäden sagte er: «Deshalb wird das jetzt sehr sorgfältig, sehr intensiv und sehr zügig aufgeklärt. Das ist auch notwendig.»
Die Chefin des russischen Staatssenders RT, Margarita Simonjan, hatte am Freitag einen Audiomitschnitt des rund 30-minütigen, möglicherweise abgehörten Gesprächs veröffentlicht. Darin sind ranghohe Offiziere der Luftwaffe zu hören, wie sie über theoretische Möglichkeiten eines Einsatzes deutscher Taurus-Marschflugkörper durch die Ukraine diskutieren. Nach dpa-Informationen ist das Gespräch authentisch. Die Offiziere schalteten sich demnach über die Plattform Webex zusammen.
Das Verteidigungsministerium geht davon aus, dass ein internes Gespräch von Luftwaffen-Offizieren abgehört worden ist. «Es ist nach unserer Einschätzung ein Gespräch im Bereich der Luftwaffe abgehört worden. Ob in der aufgezeichneten oder verschriftlichten Variante, die in den sozialen Medien kursieren, Veränderungen vorgenommen wurden, können wir derzeit nicht gesichert sagen», sagte eine Ministeriumssprecherin der dpa.
Sicherheitspolitiker sind alarmiert
Sicherheitspolitiker forderten Konsequenzen. «Wir müssen dringend unsere Sicherheit und Spionageabwehr erhöhen, denn wir sind auf diesem Gebiet offensichtlich vulnerabel», sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Johann Wadephul forderte die Bundesregierung auf, die Vorschriften für den Schutz von Kommunikation nachzuschärfen.
Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz sagte dem RND: «Es stellt sich die Frage, ob es sich hier um einen einmaligen Vorgang oder ein strukturelles Sicherheitsproblem handelt.» Er erwarte «umgehende Aufklärung aller Hintergründe», forderte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums.