«Wirtschaftsweise»: Reiche Firmenerben stärker besteuern
Autor: Andreas Hoenig und Theresa Münch, dpa
, Mittwoch, 12. November 2025
Ein kräftiger Wirtschaftsaufschwung in Deutschland ist nicht in Sicht. Die «Wirtschaftsweisen» warnen die Bundesregierung, Chancen zu verspielen - und fordern bei einem Reizthema Reformen.
Die Wirtschaftsweisen sprechen sich für eine Reform der Erbschaftsteuer aus - reiche Firmenerben sollten mehr Steuern zahlen. Das bisherige System sei ungerecht, Ausnahmen sollten verringert werden. Eine Reform könne zu Milliarden-Mehreinnahmen zum Beispiel für die Bildung führen, sagte Achim Truger, Mitglied des Sachverständigenrats, in Berlin. Allerdings ist Ratsmitglied Veronika Grimm gegen eine Reform - unter Verweis auch auf die Wachstumsschwäche.
Die Konjunktur kommt nach der neuen Prognose der Ökonomen auch im kommenden Jahr nicht richtig in Schwung. Nach einem Mini-Wachstum von 0,2 Prozent in diesem Jahr rechnet der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten mit einem Plus des Bruttoinlandsprodukts von 0,9 Prozent. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sieht darin einen unmissverständlichen Beleg, dass die deutsche Wirtschaft unter Druck steht.
Reform der Erbschaftsteuer
Die «Wirtschaftsweisen» sprechen sich in ihrem Jahresgutachten dafür aus, die Erbschaft- und Schenkungsteuer zu reformieren - mit dem Ziel einer gleichmäßigeren Besteuerung aller Vermögensarten. Allerdings lehnt die Wirtschaftsweise Veronika Grimm eine Reform ab.
Aktuell werden bei Erbschaft und Schenkung vor allem Betriebsvermögen steuerlich stark begünstigt. Damit will der Staat vermeiden, dass Betriebe aufgegeben müssen, weil die neuen Besitzer die Erbschaftsteuer aus dem Privatvermögen nicht zahlen können.
Truger kritisierte, durch die sogenannte Verschonungsregelung würden aber ausgerechnet sehr hohe Erbschaften und Schenkungen häufig vergleichsweise gering besteuert. Bei Erbschaften von 100 000 bis 200 000 Euro würden im Schnitt 13 Prozent Steuern gezahlt, über 20 Millionen nur acht Prozent. Das sei ungerecht.
Die Sachverständigen raten deshalb dazu, diese Sonderregeln einzuschränken und die Erbschaftsteuer stärker am Prinzip der Leistungsfähigkeit auszurichten. Für Betriebsvermögen unter 26 Millionen Euro solle der Verschonungsabschlag erheblich reduziert, für Betriebsvermögen über 26 Millionen Euro die sogenannte Verschonungsbedarfsprüfung ganz abgeschafft oder zumindest erheblich eingeschränkt werden - bisher gibt es die Möglichkeit eines Steuererlasses. Stattdessen sollten großzügige Stundungsmöglichkeiten eingeführt werden, damit Betriebe nicht aufgegeben müssen.
Die Vermögensungleichheit in Deutschland sei im europäischen
Vergleich hoch, heißt es im Jahresgutachten. Der Anteil der Vermögen, der auf Erbschaften und Schenkungen zurückgehe, werde auf 30 bis 50 Prozent geschätzt.