Rente: "Wer jünger als 30 ist, kommt in die Bredouille"
Autor: Matthias Litzlfelder
Bad Staffelstein, Montag, 11. Juli 2016
Müssen wir immer länger für immer weniger Rente arbeiten? Der Freiburger Professor Bernd Raffelhüschen sieht darin keinen Widerspruch.
Der demografische Wandel lässt künftige Generationen unruhig werden. Bekommen die Jüngeren die Schuldenlast des Staates zu spüren? Müssen sie immer länger für immer weniger Rente arbeiten? Fragen, mit denen sich der Freiburger Professor Bernd Raffelhüschen seit mehr als zwei Jahrzehnten beschäftigt. Seine "Generationenbilanz" stellt er heute Abend beim oberfränkischen Wirtschaftstag vor. Wir haben zuvor mit ihm gesprochen.
Herr Professor Raffelhüschen, in Ihren Vorträgen ziehen Sie immer wieder eine "Generationenbilanz". Gehören Sie einer beneidenswerten Generation an?
Raffelhüschen: Ich gehöre der Generation der Babyboomer an. Das sind diejenigen, wo demnächst ganz viele von ganz wenigen und das auch noch ganz lange versorgt werden wollen. Sie müssen sich eingestehen, dass sie kein Problem haben, sondern das Problem für die Beitragszahler sind.
Was heißt das für Sie und Ihre Generation? Verzicht zugunsten Jüngerer?
Wir können unseren wenigen Kindern nicht zu viel zumuten. Teile von dem, was unsere Eltern einfach so bekommen, müssen wir zwangsläufig selbst tragen.
Eine Frage des Geldbeutels.
Nein. Armut und Reichtum sind in jeder Generation ähnlich verteilt. Da wurde auch nicht viel daran gedreht. Wer bedürftig ist, soll mit einer Grundsicherung unterstützt werden. Aber warum soll ein Reicher meiner Generation von einem Armen der zukünftigen Generation sogar noch Geschenke bekommen?
Ab welchem Alter fällt die "Generationenbilanz" denn besonders negativ aus?
Diejenigen, die jünger als 30 Jahre sind, kommen in die Bredouille. Es kommt aber auch darauf an, was passiert. Wer sagt denn, dass die zukünftigen Generationen alles mitmachen? Sie können den Generationenvertrag auch legal kündigen, zum Beispiel indem Sie ins Ausland ziehen.
Sollte der Kreis der für die Rentenkasse zu versicherten Personen nicht endlich erweitert werden? Abgeordnete und Beamte?
Wer die heutigen Beamten in der Rentenversicherung und der Gesundheitsversorgung mit aufnehmen will, der macht die Dinge nicht besser, sondern schlechter. Denn die meisten Beamten sind älter als der Durchschnitt der Bevölkerung. Da würde ich eher dazu raten, künftig nicht mehr zu verbeamten. Das wäre eine bessere Strategie. Was die Selbstständigen angeht, muss man auch aufpassen. Das sind nicht immer die Reichen. Es gibt viele kleine, und die zahlen nicht besonders viel.
Fassen wir zusammen: Wir müssen künftig länger arbeiten und haben weniger Rente. Ärgerlich für jüngere Generationen.
Nicht unbedingt. Sie leben ja auch ein bisschen länger, können also auch ein bisschen länger arbeiten. Und dass das Rentenniveau niedriger wird, ist auch kein Problem. Die Jüngeren haben genügend Zeit, ihr Sparniveau dementsprechend zu heben.
Aber für viele ist es schwierig, von dem bisschen, was sie verdienen, etwas beiseite zu legen.
Das Vermögen ist unterschiedlich verteilt, richtig. Aber was die Sparquote angeht, muss man feststellen, dass es eher mentalitäts- und weniger einkommensabhängig ist. Es gibt auch viele Niedrigverdiener, die legen zehn Prozent von dem, was sie kriegen, zurück.
Was müsste der Staat tun?
Den Sozialstaat zurückschrauben auf ein Niveau, das nachhaltig finanzierbar ist. Den Beamten sagen, dass sie nicht so viel kriegen können, wie sie gedacht haben. Den Kranken klarmachen, dass sie Teile hin und wieder selbst zahlen müssen. Und den Pflegefällen sagen: Zahlt das erste Jahr bitte selbst.
Das Gespräch führte
Matthias Litzlfelder.