Druckartikel: Wegen Bürgergeld: Steigt der Lohn von Beamten schon wieder?

Wegen Bürgergeld: Steigt der Lohn von Beamten schon wieder?


Autor: Lea Mitulla

Berlin, Donnerstag, 01. Dezember 2022

Mit der Einführung des Bürgergeldes könnte auch Beamten ein höherer Lohn winken. Denn sonst verletzten Bund und Länder eines der Grundprinzipien des Beamtentums - und könnten verklagt werden.
Beamte erhalten bald höchstwahrscheinlich die zweite Lohnerhöhung in kurzer Zeit.


Ab 2023 wird Hartz IV vom Bürgergeld abgelöst. Arbeitssuchende erhalten dann mehr Geld, der Regelsatz steigt im Schnitt um 50 Euro. Aber auch Beamte in der Bundesrepublik könnten dadurch eine Lohnerhöhung bekommen.

Wenn die staatlichen Sozialleistungen steigen, greift das sogenannte Alimentationsprinzip, einer der Grundsätze des Beamtentums. Demnach müssen Beamte angemessen vergütet werden und das wird am Abstand zu zahlreichen Faktoren gemessen: Tarifergebnisse, Verbraucherpreisindex, durchschnittlicher Bruttolohn der "Normalbürger" - und an der Differenz zum Arbeitslosengeld. Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2020 muss der Nettolohn von Beamten in den unteren Besoldungsgruppen 15 Prozent über der Grundsicherung liegen.

Beamten winkt zweite Lohnerhöhung in kurzer Zeit - wegen dem Bürgergeld

Wird der Mindestabstand unterschritten, wäre das verfassungswidrig. Wie die "Bild"-Zeitung berechnet hat, würde genau das mit dem Bürgergeld passieren: Der Lohnabstand wird unterschritten, die Beamtenbesoldung muss also steigen.

Video:




"Jede Veränderung bei der Grundsicherung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Besoldung und Versorgung im Beamtenbereich des Bundes sowie der Länder", bestätigte ein Sprecher des hessischen Finanzministeriums der Zeitung. In Hessen werde bereits über einen entsprechenden Gesetzesentwurf beraten. Dieser markiere einen "wichtigen Zwischenschritt" - die Beamtenbesoldung könnte also noch weiter erhöht werden.

Auch Berlin sei bereits im "intensiven Austausch" mit den anderen Ländern und dem Bund, bezüglich möglicher Auswirkungen auf die Besoldung von beamteten Dienstkräften. Die "Amtsangemessenheit der Alimentation" werde auch nach Einführung des Bürgergeldes sichergestellt, heißt es. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums betonte ebenfalls, dass der Mindestabstand zur Grundsicherung sichergestellt werden müsse.

Beamten-Gehalt in allen Besoldungsgruppen müsste steigen

Nicht nur die Beamten in den unteren Besoldungsgruppen werden dann mehr verdienen, sondern alle Besoldungsgruppen. Das wurde schon mehrmals vom Bundesverfassungsgericht entschieden. In einem Urteil von 2017 heißt es: "Eine Verletzung des Mindestabstands zur sozialhilferechtlichen Grundsicherung in den unteren und mittleren Besoldungsgruppen (...) hat Auswirkungen auf alle höheren Besoldungsgruppen und auf alle Besoldungsordnungen." Ein Urteil von 2020 betont ebenfalls, dass eine Unterschreitung der 15-Prozent-Grenze das "gesamte Besoldungsgefüge" betreffe. Denn es würde quasi bedeuten, dass der vom Gesetzgeber selbst gesetzte Ausgangspunkt für den Lohn fehlerhaft ist.

Mit der Einführung des Bürgergeldes werden also früher oder später die Beamten-Gehälter angepasst. Das wäre dann die zweite Gehaltserhöhung in kurzer Zeit. Erst Ende November wurde eine Lohnerhöhung für rund 1,7 Millionen Beamte angekündigt. Grund dafür seien die steigenden Kosten für Wohnraum. Einzelne Bundesländer haben bereits mit der Umsetzung begonnen. Bayern will zum Beispiel den Familienzuschlag für Beamte erhöhen und eine "Ortskomponente" einführen. Je höher die Lebenshaltungskosten am jeweiligen Wohnort sind, desto mehr Geld gibt es demnach.

Das Bundesverfassungsgericht hatte schon im Mai 2020 neue Vorgaben für die Beamtenbesoldung gemacht. Etwaige Nachzahlungen erfolgen laut bayerischem Finanzministerium daher von Amts wegen rückwirkend zum 1. Januar 2020. Aktuell rechnet das Ministerium für alle Nachzahlungen für die Jahre 2020 bis 2022 und die Zahlungen für das Jahr 2023 mit einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag. Laut "Bild"-Informationen könnten unter anderem Lehrer, Justizbeamte und Polizisten Rückzahlungen von bis zu 10.000 Euro erhalten.