Was beim Wehrdienst geplant ist und worüber gestritten wird
Autor: Jörg Ratzsch, dpa
, Donnerstag, 16. Oktober 2025
Der neue Wehrdienst soll mehr Freiwillige bringen – doch über Musterung, Losverfahren und Anreize wird politisch heftig gerungen. Was geplant und was noch in der Schwebe ist.
Ab dem kommenden Jahr soll sich beim Wehrdienst vieles ändern. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte neue Regeln in einen Gesetzentwurf gegossen, dem im August auch das Bundeskabinett zustimmte. Doch die Unionsfraktion ist unzufrieden und Fachpolitiker der Koalition im Bundestag sind es auch. Deren Änderungsvorschläge gefallen wiederum Pistorius nicht. Es geht um die Musterung und auch um mögliche Losverfahren.
Es kam schließlich zum Knall, eine Einigung wurde abgeblasen. Nun wird der ursprüngliche Entwurf in erster Lesung im Parlament beraten. Bis zur Verabschiedung im Bundestag dürfte sich wie bei jedem Gesetz und besonders mit Blick auf die nicht ausgeräumten Meinungsverschiedenheiten hier aber noch einiges ändern. Ein Überblick über die Konfliktlinien.
Warum soll der Wehrdienst überhaupt neu geregelt werden?
Die Bundeswehr soll wachsen. Als Begründung wird eine massive «Verschärfung der Bedrohungslage in Europa infolge des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine» genannt. «Die Aufgaben der unmittelbaren Landesverteidigung im Rahmen der nationalen und Nato-Verteidigungsplanung erfordern einen deutlich höheren Friedensumfang an aktiven Soldatinnen und Soldaten», heißt es weiter im Gesetzentwurf.
Um welche Zahlen geht es dabei?
Gebraucht werden laut Entwurf 460.000 Soldaten, rund 260.000 in der stehenden Truppe und 200.000 Reservisten. Aktuell gibt es rund 183.000 aktive Soldaten und laut Jahresbericht der Wehrbeauftragten rund 50.000 beorderte Reservisten, also Reservisten, die auf einem bestimmten Dienstposten eingeplant sind.
Was soll sich ändern?
Die Wehrpflicht gibt es noch, sie ist aber seit 2011 ausgesetzt. Es gibt seitdem einen freiwilligen Wehrdienst. Dabei soll es, wenn möglich, bleiben, hier ist man sich einig. Um mehr Freiwillige zu gewinnen, soll die sogenannte Wehrerfassung reformiert werden. Ziel ist es, ein besseres Lagebild darüber zu bekommen, wie viele pro Jahrgang für einen Dienst in der Truppe überhaupt infrage kommen. Erklärtes Ziel ist es auch, dass allein schon dadurch, dass sich junge Menschen künftig mit dem Thema direkt beschäftigen müssen, die Zahl der Freiwilligen steigt. Außerdem soll es größere Anreize für den Dienst geben.
Wie soll das nach den bisherigen Plänen erreicht werden?
Wer nach dem 1. Januar 2026 volljährig wird, bekommt – so der Plan von Pistorius – irgendwann nach dem 18. Geburtstag einen Brief mit einem QR-Code, der zu einem Online-Fragebogen führt. Dort werden persönliche Daten wie der Bildungsabschluss, Körpergröße, Gewicht und eine mögliche Bereitschaft zum Wehrdienst abgefragt.
Junge Frauen müssen diesen Bogen nicht ausfüllen, junge Männer schon. Gerechnet wird mit rund 300.000 bis 350.000, die das pro Jahr betrifft. Wer den Fragebogen ignoriert oder darin falsche Angaben macht, begeht laut Gesetzentwurf eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeld bedroht ist.