Abwärtstrend beim Börsenstrompreis
Für den Endkundenpreis spielt der Großhandelspreis eine wichtige Rolle. «Der Abwärtstrend beim Börsenstrompreis hat sich in den letzten Monaten fortgesetzt», sagt Strommarktexperte Mirko Schlossarczyk vom Beratungsunternehmen Enervis. Als Gründe nennt er gesunkene Kohle- und Gaspreise. Auch hätten der Kapazitätszubau und die Stromeinspeisung der Erneuerbaren 2023 merklich zugelegt. Die Stromabnahme sei zudem deutlich unter den Vorjahreswerten.
In den kommenden Monaten werde sich das Preisniveau konsolidieren oder weiter leicht rückläufig sein. «Die Strompreisnotierungen für die Lieferung in den kommenden Monaten und für das Gesamtjahr 2024 liegen momentan konstant unter 100 Euro je Megawattstunde.» Solch ein Preisniveau habe es am Terminmarkt zuletzt vor über zwei Jahren gegeben. Unsicherheiten blieben allerdings. So ließen sich kaum genaue Einspeisevorhersagen für Erneuerbare treffen. Auch sei der Krisenmodus im Gasmarkt noch längst nicht überwunden. Schnell steigende Gaspreise würden sich umgehend in anziehenden Strompreisen zeigen.
Experte: Endkundenpreise könnten zurückgehen
Für Haushaltskunden rechnet Schlossarczyk in den kommenden Monaten unter normalen Umständen mit gleichbleibenden oder weiter zurückgehenden Endkundenpreisen. «Bei Bestandskundenverträgen sollte sich dies aufgrund der unterschiedlichen Beschaffungsstrategien von Versorgern deutlicher zeigen als bei Neukundenverträgen.»
Dort seien die Preisabschläge der letzten Monate schon weitestgehend berücksichtigt, so dass dieser Effekt geringer ausfallen dürfte. Gegenläufig wirke allerdings der spürbare Anstieg der Netzentgelte. «Dieser trifft Bestands- und Neukunden ab Januar 2024 gleichermaßen.»
Gas: Grundversorger kündigen Preissenkungen an
Ähnlich wie beim Strom gibt es auch bei den Gas-Grundversorgern sehr viele Preissenkungen. Verivox hat 500 gezählt mit einer Absenkung von durchschnittlich 15 Prozent. Dem gegenüber stehen 56 Erhöhungen von im Schnitt 12 Prozent.
Check24 rechnet 2024 bei einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden mit Gaskosten in Höhe von durchschnittlich 2537 Euro, 17 Prozent mehr als 2023, was 370 Euro entspricht. Den größten Anteil daran habe mit 217 Euro die Wiederanhebung des Mehrwertsteuersatzes von 7 auf 19 Prozent zum 1. März. Für höhere Kosten sorge in der Modellrechnung auch der Wegfall der Gaspreisbremse und die höhere CO2-Abgabe. Die Netznutzungsentgelte gingen dagegen leicht zurück, hieß es.
Auch Gas-Großhandelspreise gehen zurück
Auch bei Gas spielt der Großhandelspreis eine wichtige Rolle für den Endkundenpreis. «Die Großhandelspreise im Gasmarkt gehen derzeit deutlich zurück», sagt Gasmarktexperte Sebastian Gulbis vom Beratungsunternehmen Enervis. Gründe seien unter anderem gut gefüllte Gasspeicher sowie eine ausreichende Versorgung mit Flüssigerdgas (LNG) und norwegischem Gas.
«Wenn wir weiterhin eine warme Witterung haben und auch keine anderen Märkte in der Welt mit uns in die Konkurrenz um LNG eintreten, könnten wir vergleichsweise entspannt durch den Winter kommen.» Wenn es jedoch sehr kalt werde und weniger LNG für Europa zur Verfügung stehe, würden die Preise wieder nach oben schnellen. «Die Krisensituation ist noch nicht vorbei, das russische Gas konnte in Europa und Deutschland noch nicht vollständig ersetzt werden.»
Gas-Endkundenpreis hängt von Beschaffungsstrategie ab
Was dies für die Endkundenpreise für Haushaltskunden bedeute, hängt laut Gulbis wie beim Strom stark von der Beschaffungsstrategie der Energieunternehmen ab. Haben sich die Versorger etwa in den vergangenen 12 Monaten immer wieder langfristige Tranchen für das kommende Jahr gesichert, könnte dies höhere Preise bedeuten als bei kurzfristigerer Beschaffung. Grund ist, dass zu Beginn dieses Zeitraums die Preise noch deutlich höher waren als zuletzt.
«Das bedeutet, im derzeit fallenden Markt kann sich ein Wechsel des Lieferanten durchaus lohnen.» Problematisch könnte es für ältere Verträge werden, die zum Beispiel noch Ende 2022 abgeschlossen wurden und auch im kommenden Jahr noch Gültigkeit haben. Diese lägen mitunter oberhalb der jetzt auslaufenden Preisbremsen. «Dies könnte für bestimmte Kunden hohe Kosten nach sich ziehen», sagt Gulbis.
Verbraucherzentrale: Anbieterwechsel prüfen
Die Verbraucherzentralen raten Strom- und Gaskunden, wegen der für 2024 angekündigten Mehrkosten einen Anbieterwechsel zu prüfen. «Verbraucherinnen und Verbraucher sollten auf jeden Fall bei einem Tarifportal nachschauen, wie hoch die Wechselersparnis sein könnte», sagte die Energieexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Christina Wallraf, der Deutschen Presse-Agentur.
«Die Haushalte sollten nachsehen: Wie viel zahle ich im Moment? Was habe ich für eine Kündigungsfrist? Wie lange läuft mein Vertrag noch?», sagte Wallraf. Wer mit seinem aktuellen Anbieter zufrieden sei, könne sich auch dort nach anderen Tarifen erkundigen und gegebenenfalls in einen günstigeren Tarif wechseln.
Bei Neuverträgen rät die Verbraucherzentrale zu einer Laufzeit von 12 Monaten. Bei Bonustarifen sollten Verbraucher schauen, unter welchen Bedingungen der Bonus ausgezahlt werde. Achten sollten Verbraucherinnen und Verbraucher auch darauf, nicht an einen unseriösen Anbieter zu geraten. Haushalte könnten etwa mit einer Internetrecherche herausfinden, ob es in der Vergangenheit Probleme mit einem Anbieter gab.