Warum die Zahl der Retouren nicht sinkt
Autor: Christian Rothenberg, dpa
, Donnerstag, 27. November 2025
Etwa 550 Millionen Pakete im Jahr: Die Rücksendungen online bestellter Artikel erreichen einen Höchststand. Retouren bringen nicht nur Händler in Schwierigkeiten.
Fünf Shirts bestellen, drei zurückschicken: Für viele Verbraucherinnen und Verbraucher ist das längst Routine. Das lässt das Retourenaufkommen wachsen. Was steckt hinter dem Phänomen - und warum ist es so schwer, dagegen anzugehen? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wie viele Bestellungen werden zurückgeschickt?
Die Zahl der Retourenpakete in Deutschland steigt in diesem Jahr voraussichtlich auf etwa 550 Millionen, schätzt Björn Asdecker von der Universität Bamberg. «Das ist ein Rekord», sagt er. Fast jedes vierte im Internet bestellte Paket werde komplett oder mit einem Teil der Ware an die Händler zurückgeschickt. Im Vorjahr wurden rund 530 Millionen retournierte Sendungen ermittelt. Asdecker forscht seit Jahren zum Thema. Der Grund für den Anstieg: Der Onlinehandel zieht wieder an – und mit ihm die Zahl der Rücksendungen.
Eine neue Studie des Handelsforschungsinstituts EHI zeigt: Die Retourenquote ist unverändert hoch. Laut einer Umfrage verzeichnen 60 Prozent der befragten Händler einen Anteil von bis zu 10 Prozent, ein Viertel über 20 Prozent. Die Befragung mit 124 großen Händlern ist nicht repräsentativ. Etwa 70 Prozent berichten von stabilen Retourenquoten, 14 Prozent sehen einen Rückgang, 15 Prozent einen Anstieg. Offizielle Statistiken zu Retouren gibt es nicht. Auch Zusteller wie DHL äußern sich nicht.
Was wird oft zurückgeschickt?
Spitzenreiter bleibt die Mode. Etwa 90 Prozent der zurückgeschickten Artikel stammen aus diesem Bereich. Laut EHI erhält jeder achte Modehändler mehr als die Hälfte der Bestellungen zurück, ein weiteres Viertel 36 bis 50 Prozent. «Über alle unsere Märkte hinweg werden im Durchschnitt 50 Prozent der bestellten Artikel zurückgeschickt», sagt eine Sprecherin des Modehändlers Zalando. Elektronik-, Gesundheits- und Wohnartikel werden deutlich seltener retourniert.
Kunden schicken bestellte Ware zurück, weil sie ihre Meinung geändert haben, Artikel ihnen nicht gefallen oder defekt sind. Kleidung wird häufig sicherheitshalber in mehreren Größen bestellt - weil erst nach der Lieferung geprüft werden kann, welche Teile passen.
Experten beobachten noch etwas: Manche Kunden kaufen Modeartikel für einen Anlass wie eine Feier oder ein Date und retournieren sie anschließend. Laut einer YouGov-Umfrage haben 18 Prozent der Menschen hierzulande das schon einmal oder mehrfach gemacht, Männer häufiger als Frauen. Besonders verbreitet ist das bei 15- bis 34-Jährigen (30 Prozent).
Warum gibt es so viele Retouren?
In Deutschland gebe es sehr verbraucherfreundliche Regelungen, sagt EHI-Studienautor Niklas Stanislawski. Produkte können innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen zurückgeschickt werden. Händler zeigen sich oft kulant. Laut EHI-Umfrage übernimmt etwa jeder Zweite die Rücksendekosten (49 Prozent), jeder Dritte teilweise (33 Prozent). Viele sagen, dass kostenlose Retouren erwartet werden und zur Kundenbindung beitragen.