Warum die AfD in Thüringen mit mehr Macht rechnen kann
Autor: Stefan Hantzschmann, dpa
, Montag, 05. Februar 2024
In Thüringen, Sachsen und Brandenburg werden im Herbst Landtage gewählt. Die AfD könnte dort stärkste Kraft werden. Damit rücken für die Partei neue Machtoptionen in greifbare Nähe.
Björn Höcke als Ministerpräsident - bislang gilt dieses Szenario als eher unwahrscheinlich. Doch in der Thüringer AfD träumen einige schon von der absoluten Mehrheit nach der Landtagswahl 2024.
AfD-Landes- und Fraktionschef Höcke selbst sprach im November bei einem Landesparteitag in Pfiffelbach so, als könnte er Regierungschef werden. Er sagte dort Sätze wie «Wenn ich dann als Ministerpräsident ...», «meine Regierung» oder «eine der ersten Maßnahmen, die wir in Thüringen mit einer AfD-Regierung umsetzen...».
Während Hunderttausende Menschen in Deutschland gegen Rechtsextremismus auf die Straße gehen, plant die AfD in Thüringen ein Schattenkabinett aufzustellen - mit AfD-Leuten für mögliche Ministerposten. Die Landesverbände in Sachsen und Thüringen werden von den dortigen Verfassungsschutzämtern als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet, die AfD in Brandenburg ist ein Verdachtsfall.
Auch nach Correctiv-Enthüllungen gute Umfragewerte
In allen drei Ländern liegt die Partei in Umfragen auf Platz eins - mit Werten teils über 30 Prozent. Daran scheinen auf den ersten Blick auch die bundesweiten Demonstrationen nichts zu ändern, nachdem das Medienhaus Correctiv ein Treffen radikaler Rechter in Potsdam öffentlich gemacht hatte, an dem auch AfD-Politiker teilnahmen.
Nach einer Infratest dimap-Umfrage kommt die AfD in Sachsen auch nach Veröffentlichung der Recherchen auf 35 Prozent - und wäre damit stärkste Kraft. Dagegen müssen SPD und Grüne um den Wiedereinzug in den Landtag bangen. In Thüringen könnten Grüne und FDP rausfliegen - sollten beide an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, würde die absolute Mehrheit für die AfD im Landtag näher rücken.
«Wir werden den Verfassungsschutz zurückpfeifen»
Auf den ersten Blick sei die AfD noch «sehr weit» von der absoluten Mehrheit entfernt und damit von der Möglichkeit allein zu regieren, sagt der Erfurter Politikwissenschaftler André Brodocz. «Wir müssen aber berücksichtigen, dass es am Ende auf die Hälfte der Sitze im Landtag ankommt.»
In einem Thüringer Parlament mit nur noch vier Parteien statt sechs könnte die AfD möglicherweise schon mit gut 40 Prozent die Hälfte der Sitze erhalten. «Das ist nicht ganz ausgeschlossen», so der Experte. Es komme auch darauf an, ob eine Wagenknecht-Partei antritt und in den Landtag kommt. Auch Ex-Bundesverfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen will mit seiner Werteunion eine Partei gründen. Möglich also, dass im Erfurter Landtag am Ende nicht weniger, sondern mehr Parteien vertreten sind.