Wagenknecht weckt große Erwartungen - «Das wird was»
Autor: Verena Schmitt-Roschmann, dpa
, Sonntag, 28. Januar 2024
Mit dem ersten bundesweiten Parteitag hat das neue Bündnis Sahra Wagenknecht Schwung für die Europa- und die Landtagswahlen in diesem Jahr geholt. Einige Fragen aber bleiben.
Am Ende stand Sahra Wagenknecht noch einmal in ihrem signalroten Kostüm auf der Bühne, umjubelt von knapp 400 Mitgliedern ihrer neuen Partei. «Ihr habt das toll gemacht heute, das ist wirklich richtig fantastisch gelaufen», rief die 54-Jährige im früheren Berliner Kino Kosmos. In weniger als zwölf Stunden hatte das neue Bündnis Sahra Wagenknecht beim ersten bundesweiten Parteitag die Linie der Gründerin gebilligt, den erweiterten Vorstand gewählt, Kandidaten und Programm für die Europawahl bestätigt. «Wenn wir so anfangen, das wird was», meinte Wagenknecht.
Was das Anfang Januar gegründete BSW will, ist nun klarer. Nebulös bleibt, wie und mit wem Wagenknecht das umsetzen will. Fünf Punkte, die beim Parteitag am Samstag auffielen:
1. Friedenssehnsucht und der Sozialstaat der 1980er Jahre
«Wir sind im Augenblick in einer solchen Situation, wo Frieden sehr, sehr wichtig ist, und dafür würde ich alles tun», sagte BSW-Mitglied Ingrid Volz am Samstagmorgen, als sie vor dem Kosmos Schlange stand. Sie sei Jahrgang 1939, sei nie in einer Partei gewesen, bis jetzt. «Im Augenblick ist die Situation für mich so hoffnungslos, so riskant und gefährlich, dass ich denke, man muss etwas tun.»
Das war der eine rote Faden des Tages: Auch auf der Bühne des Parteitags wurde wohl nichts so oft formuliert wie die Forderung nach Frieden, nach Verhandlung zwischen Russland und der Ukraine, nach weniger Rüstungsausgaben.
Der andere zentrale Punkt ist der starke Sozialstaat: höhere Mindestlöhne, höhere Renten, besseres Arbeitslosengeld, bessere Kliniken, bessere Bildung. Das zieht Menschen wie Anja Titze an, die ebenfalls am Parteitag teilnahm. «Wir haben massive Kürzungen im sozialen Bereich, das trifft die Leute», sagte Titze. «Wir hoffen, dass nun endlich eine echte Opposition im Lande existiert.» Sie hoffe auf einen Neuanfang.
2. Wagenknecht hat «Großes vor für unser Land»
Die Hoffnungen der BSW-Unterstützer sind also riesig und Wagenknecht bestärkt sie: «Wir haben Großes vor für unser Land und für die Menschen, die große Erwartungen in uns setzen», sagte sie zum Abschluss ihrer Rede. Gegen die Ampel-Koalition fuhr Wagenknecht erneut scharfe Attacken. Diese sei «die dümmste Regierung Europas», wiederholte sie. Unfähig sei die Ampel und abgehoben, gefangen in einer Berlin-Mitte-Blase. Wegen der Waffenlieferungen an die Ukraine sprach Wagenknecht von «menschenverachtender Politik», mit Blick auf die Meinungsfreiheit von «übergriffigem politischem Autoritarismus».
3. Abgrenzung von der AfD - und von allen anderen Parteien
Wagenknechts Botschaft: Die Regierung kann es nicht - aber die Opposition schon gar nicht. Am besten weg kam noch ihre Ex-Partei, die Linke, die kaum erwähnt wurde. Über CDU-Chef Friedrich Merz sagte Wagenknecht, der wäre im Kanzleramt «ganz sicher nicht das kleinere Übel». Und die AfD stehe für Rekordausgaben für Rüstung.