Vor der Entscheidung: Kommen 15 Euro Mindestlohn?
Autor: dpa
, Sonntag, 22. Juni 2025
Zankapfel Mindestlohn: Es wird in diesen Tagen ernst im Ringen um die Lohnuntergrenze. Wie viel Einkommen soll den Beschäftigten in Deutschland künftig gesetzlich zugesichert sein?
Im Ringen um die künftige Höhe des Mindestlohns in Deutschland wächst der Druck auf die Mindestlohnkommission. Die vertraulichen Verhandlungen zwischen Spitzenvertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern gehen in dieser Woche in die Schlussphase. Bis 30. Juni will das Gremium ein Ergebnis vorlegen.
Der Sozialverband Deutschland forderte die Kommission zu einem Mindestlohn von 15,12 Euro auf, wie die Vorsitzende Michaela Engelmeier der Deutschen Presse-Agentur sagte.
Was die SPD will
Die Kommissionsmitglieder stehen unter politischem Druck. Die SPD hatte im zurückliegenden Bundestagswahlkampf eine Orientierung der Lohnuntergrenze an EU-Vorgaben gefordert, nach denen der Mindestlohn mindestens 60 Prozent des mittleren Einkommens erreichen solle. «Dementsprechend muss der Mindestlohn spätestens ab 2026 bei 15 Euro liegen», heißt es im SPD-Wahlprogramm vom Januar.
Aktueller Stand in der Mindestlohnkommission
Vom 27. bis 29. Juni tagt wieder ein SPD-Parteitag – und führende Sozialdemokraten gucken aufmerksam auf die Mindestlohnkommission. Ihrem gesetzlichen Auftrag nach ist diese politisch unabhängig. Wie es in mit der Sache vertrauten Kreisen heißt, liegen Gewerkschaften und Arbeitgeber in der Kommission noch deutlich auseinander. Ein einvernehmliches Ergebnis von 15 Euro ist demnach nicht greifbar.
Position der Arbeitgeber
Derzeit liegt der Mindestlohn bei 12,82 Euro pro Stunde. Deutschlands Arbeitgeber warnen vor gravierenden ökonomischen Folgen durch eine deutliche Mindestlohnerhöhung. Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander hatte bereits im April der «Bild»-Zeitung gesagt, ein Mindestlohn von 15 Euro «würde in der längsten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik schwere wirtschaftliche Schäden anrichten».
Position der Gewerkschaften
Der Deutsche Gewerkschaftsbund hingegen stellte schon im Jahr zuvor fest: Aus DGB-Sicht bedeute «ein angemessener Mindestlohn» auf Basis der EU-Vorgaben 15,27 Euro für 2026 je Stunde. Die Arbeitgeber dagegen mahnen, 15 Euro wären ein Anstieg in nur zehn Jahren von über 76 Prozent. Zander: «Damit können die Tariflöhne nicht Schritt halten.»
Entscheidet die Kommission oder die Politik?
Sozialverbandschefin Engelmeier fordert die Koalition auf, einzugreifen, falls die Kommission die EU-Vorgaben für 60 Prozent des mittleren Lohns nicht berücksichtige. «Andernfalls sollte die Politik überlegen, wie sie hier nachbessern kann.»