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Videobotschaft gegen Antisemitismus von Vizekanzler Habeck geht viral


Autor: Agentur dpa

Berlin, Donnerstag, 02. November 2023

Deutschlands Vizekanzler Habeck hat sich mit einem Video in den sozialen Medien beliebt gemacht. Er sprach sich klar und hart gegen Antisemitismus aus und erhielt dafür massig Zuspruch.
Robert Habeck setzte ein klares Statement gegen Antisemitismus.


Mit einer Videobotschaft gegen Antisemitismus und für Solidarität mit Israel hat Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) eine enorme Resonanz und viel Zuspruch ausgelöst. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, lobte die "klaren wie besonnenen Worte", der frühere SPD-Außenminister Sigmar Gabriel schrieb auf dem Kurzmitteilungsdienst X (vormals Twitter): "Eine großartige Rede zum richtigen Zeitpunkt". Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, sagte dem Tagesspiegel: "Mut, ein moralischer Kompass und Klarheit bedeuten Führung."

Zum zweiten Mal seit dem 7. Oktober, dem Tag des Hamas-Angriffs auf Israel, treffe Robert Habeck den richtigen Ton "wie kein anderer in dieser Bundesregierung", schrieb die CDU-Vizevorsitzende Karin Prien.

Videobotschaft von Vizekanzler geht viral - Habeck will "entwirren"

In der öffentlichen Diskussion werde zu viel vermischt, er wolle helfen, sie zu "entwirren" stellt Habeck seiner Botschaft voraus. Er prangert antisemitische Übergriffe an, beschreibt die Angst, die Juden und Jüdinnen hierzulande wieder spüren, und appelliert: "Wir haben sicherlich oft zu viel Empörung in unserer Debattenkultur, aber hier können wir gar nicht empört genug sein."

Video:




Habeck verlangt "eine harte politische Antwort", von Muslimen in Deutschland fordert er eine klarere Distanzierung, auch den "Antisemitismus in Teilen der politischen Linken" kritisiert er. Die Plattform X weist am Donnerstagnachmittag 6,7 Millionen Klicks für das am Vorabend veröffentlichte Video aus.

Habeck spricht Bürgerinnen und Bürger mit solchen Botschaften gern direkt an, ob auf Instagram oder dem X-Kanal seines Ministeriums - ohne Umwege über Journalisten versucht er dort, seine Politik zu erklären. Die aktuelle Botschaft kommt zu einem interessanten Zeitpunkt: Mit seiner Enthaltung bei einer UN-Abstimmung zum Gaza-Krieg hat Deutschland Irritationen in Israel ausgelöst, was Habeck allerdings nicht anspricht.

Habeck in Videobotschaft - Message nicht neu, aber deutlich

Inhaltlich sagt Habeck, was viele deutsche Politiker vor ihm bereits ausgesprochen haben, doch mit Wortwahl und Ton trifft er offensichtlich einen Nerv. Habeck habe "sehr deutliche Worte" gefunden, "die man vielleicht auch von der Innenministerin oder vom Bundeskanzler oder von der Außenministerin erwartet hätte", merkte der CDU-Außenpolitiker Armin Laschet am Donnerstag im Sender Welt an. Habeck selbst wehrte am Morgen vor dem Abflug zu einem Besuch in Großbritannien ab: "Der Bundeskanzler hält sehr große und einordnende Reden. Und ich glaube, dass wir in dieser schwierigen Zeit nicht genug von solchen Debattenbeiträgen bekommen können."

Für einige in Berlin ist der Auftritt Habecks die beste Kanzler-Rede, die nie gehalten wurde. Olaf Scholz (SPD) hat sich vor allem in zwei Regierungserklärungen im Bundestag zum Terrorangriff der Hamas geäußert. Inhaltlich gibt es keine großen Unterschiede zum Vizekanzler: Auch Scholz hat den Antisemitismus in Deutschland scharf verurteilt, eine harte Antwort darauf angemahnt und sich klar an die Seite Israels gestellt. Rhetorisch und emotional kommt er aber an Habeck nicht heran. Es ist eine Kritik, mit der Scholz seit Beginn seiner Amtszeit leben muss. In Momenten wie diesen, die bei einem großen Teil der Bevölkerung Erschütterung, Wut und auch Ängste auslösen, wiegt das besonders schwer.

Das Konzeptionelle, die großen Linien zu skizzieren, oft verwoben mit persönlichen Anekdoten, manchmal flapsig, manchmal emotional, das liegt dem mehrfachen Buchautor Habeck. Schon in den Wochen nach dem russischen Überfall auf die Ukraine vermittelte er den Kurs der Bundesregierung mit mehr Erfolg als andere und wurde zu einem der beliebtesten Minister.

Charismatischer Ministerpräsident - Habeck erhält Sympathie für seine Worte

Doch eine vertauschte Zahl oder eine schräge Formulierung reichen, um eine Debatte über seine Fachkompetenz als Wirtschaftsminister zu entfachen. Und auf Habecks Konto gehen eben nicht nur mehr oder weniger prägnante Analysen, sondern auch das höchst unbeliebte Heizungsgesetz, bei dem ihm selbst Parteikollegen mit Blick auf die lange unklare Förderung strategische Fehler ankreiden. Charisma ist in der deutschen Politik ein zweischneidiges Schwert.