«Putin ist ein Monster»: Schicksalsfragen ohne Antworten
Autor: Michael Fischer und Ansgar Haase, dpa
, Sonntag, 18. Februar 2024
Kann die Ukraine den russischen Angreifern Stand halten? Was wird aus dem Nahost-Konflikt? Bei den großen aktuellen Schicksalsfragen herrscht auf der Münchner Sicherheitskonferenz Ratlosigkeit.
Es ist eine eindringliche Warnung, die Wolodymyr Selenskyj beim wichtigsten Politiker- und Expertentreffen zur Sicherheitspolitik an seine Verbündete richtet.
«Wir müssen gemeinsam in einem Team agieren. Wenn die Ukraine alleine dasteht, dann werden Sie sehen, was passiert: Russland wird uns zerstören, das Baltikum zerstören, Polen zerstören - es ist dazu in der Lage», sagt der ukrainische Präsident am Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin nennt er in seiner Rede ein «Monster».
Selenskyj ist nach München gekommen, um den europäischen Verbündeten noch einmal sehr klarzumachen, in welch dramatischer Lage sich seine Streitkräfte im Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer befinden. Kurz vor seiner Rede haben die Russen die ostukrainische Stadt Awdijiwka erobert - ein schwerer Rückschlag. Die Munition wird langsam knapp, es fehlen Waffen mit großer Reichweite wie zum Beispiel die deutschen Taurus-Marschflugkörper, auf die die Ukraine seit einer Anfrage im Mai vergeblich wartet.
Selenskyj verlangt «Reaktion von uns allen»
«2024 erwartet eine Reaktion von uns allen», sagt Selenskyj. Gemeint sind damit die europäischen Verbündeten, aber vor allem die USA, der mit Abstand größte Waffenlieferant der Ukraine. Seit Monaten gibt es von dort keine neuen Zusagen für neue Militärhilfe. Ein Paket im Wert von 60 Milliarden US-Dollar (etwa 56 Milliarden Euro) hängt im Kongress fest. Der Senat hat zwar zugestimmt, aber die höhere Hürde ist das Repräsentantenhaus, die zweite Parlamentskammer. Dort ist der Widerstand der Republikaner von Ex-Präsident Donald Trump noch größer.
Etwa ein Dutzend der republikanischen Kongressmitglieder sind nach München gekommen. Sie gehören dort zu den gefragtesten Gesprächspartnern. Kanzler Scholz spricht mit einigen von ihnen, Außenministerin Annalena Baerbock auch und natürlich Selenskyj.
US-Vizepräsidentin Harris: «Es gibt nur Plan A»
Der republikanische Senator J.D. Vance, ein Hardliner aus dem Trump-Lager, schätzt die Chancen einer Zustimmung auf 50 zu 50. Den Vorwurf, dass der Widerstand ein wahltaktisches Manöver ist, will er nicht gelten lassen. «Die Republikaner blockieren das Ukraine-Paket nicht wegen Trumps Wahlkampf. Die Republikaner stehen dem Ukraine-Paket skeptisch gegenüber, weil sie glauben, dass es nicht im besten Interesse unseres Landes ist.» Sie sehen etwa den Kampf gegen die illegale Migration über die Südgrenze ihres Landes als eine Priorität an.
Wie viel die Europäer beim Ausbleiben der US-Hilfe kompensieren könnten, kann in München niemand so richtig sagen. Auch einen anderen Plan B hat niemand so richtig parat. «Es gibt nur Plan A, der sicherstellen soll, dass die Ukraine bekommt, was sie braucht», sagt US-Vizepräsidentin Kamala Harris nach ihrem Treffen mit Selenskyj.