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Tempolimit in Deutschland: Bündnis erhöht den Druck - Bundesrat mit Entscheidung


Autor: Alexander Milesevic

Berlin, Freitag, 05. Juli 2024

"Ein generelles Tempolimit wird es nicht geben", steht im Ampel-Koalitionsvertrag. Gefordert wird es trotzdem immer wieder. Nun erhöht ein Bündnis den Druck.
Ein Schild weist Autofahrer auf der Torstraße auf Tempo 30 hin. Immer wieder wird in Deutschland ein Tempolimit gefordert - von einem Bündnis auch in den Innenstädten.


Ein großes Bündnis aus verschiedenen Verbänden setzt sich vehement für die sofortige Einführung eines generellen Tempolimits in Deutschland ein, um sowohl den Klimaschutz als auch die Verkehrssicherheit zu fördern.

"Obwohl die Klimaziele für 2030 absehbar verfehlt werden und die hohe Zahl der Verkehrstoten in Deutschland zuletzt sogar wieder anstieg", kritisierte das Bündnis aus Umwelt- und Verkehrssicherheitsverbände sowie der Gewerkschaft der Polizei NRW in Berlin die anhaltende Blockadehaltung der Bundesregierung. Im Gegensatz dazu hätten zahlreiche andere europäische Länder bereits bestehende Geschwindigkeitsbegrenzungen verschärft.

Was für Tempolimits wo gefordert werden

Schon 2021 hatte das Bündnis kurz nach der Bundestagswahl die Einführung eines generellen Tempolimits auf Autobahnen gefordert. Doch die FDP lehnt eine solche Maßnahme nach wie vor strikt ab. Auch im gemeinsamen Koalitionsvertrag mit SPD und Grünen findet sich die Festlegung: "Ein generelles Tempolimit wird es nicht geben."

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Neben einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 100 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Teil des Bündnisses ist, eine Senkung der Höchstgeschwindigkeit auf 80 Stundenkilometer außerorts und eine innerstädtische Regelgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern. Laut Jürgen Resch, dem Bundesgeschäftsführer der DUH, könnten durch diese Maßnahmen jährlich mehr als elf Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

Obwohl die Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO), die am heutigen Freitag (5. Juli 2024) im Bundesrat diskutiert wird, ihm nicht weit genug geht, ruft Resch die Städte dazu auf, die neuen Möglichkeiten konsequent zu nutzen.

Das sind die Hintergründe der Forderungen

Die Reform sieht vor, dass Behörden künftig einfacher Geschwindigkeitsbegrenzungen auf 30 Stundenkilometer anordnen können - beispielsweise um sogenannte Lücken zwischen bereits existierenden Tempo-30-Zonen zu schließen oder vor Spielplätzen und stark frequentierten Schulwegen. "Bei konsequenter Umsetzung können unsere Städte zumindest ein Stück weit sicherer, leiser und sauberer werden", erklärte Resch.

Mit Blick auf die deutschen Autobahnen forderten andere Mitglieder des Bündnisses, wie die Verkehrsunfall-Opferhilfe Deutschland, ein Tempolimit von maximal 130 Stundenkilometern. "Verschiedene Studien haben nachgewiesen, dass eine Entschleunigung des Verkehrs zu einer signifikanten Reduzierung von tödlichen Unfällen und schwerstverletzten Verkehrsteilnehmern führt", begründete deren Vorsitzende, Silke von Beesten, das Anliegen.

Michael Mertens von der Gewerkschaft der Polizei NRW sieht ein Tempolimit auch im Zusammenhang mit der Elektromobilität als notwendig an: Elektrofahrzeuge ließen sich ohne dramatische Verkürzung der Reichweite nicht mit Geschwindigkeiten über 130 Stundenkilometern bewegen. "Dadurch verändert sich der Verkehrsfluss auf den Autobahnen und einzelne deutlich schnellere Fahrzeuge stellen ein immer größeres Unfallrisiko dar."

Regelung könnte Bürokratie abbauen

Auch Anwohner könnten von einer solchen Reform profitieren. "Schnell fahrende Autos erzeugen erheblich mehr Lärm. Selbst Elektrofahrzeuge bringen keine völlige Ruhe, da das Geräusch der Reifenabrollung bleibt", erklärte Marco Hölzl von der bayerischen Architektenkammer gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. Zudem stünden den Stadtplanern bei maximalen Geschwindigkeiten von 30 Kilometern pro Stunde innerorts mehr Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung. "Weniger breite Straßen wären nötig, Begegnungsverkehr könnte flexibler gestaltet werden, und es ergeben sich vielfältigere Planungsmöglichkeiten", so Hölzl. 

Unterstützung bekommen die Forderungen auch von Markus Pannermayr, dem Vorsitzenden des Bayerischen Städtetags und Bürgermeister von Straubing. "Eine solche Regelung könnte die Bürokratie abbauen", erklärte er dem BR. "Vertrauen reduziert Komplexität – lokale Entscheidungen müssen ermöglicht werden." ami/mit dpa