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Tagesschau der ARD schwärzt eigene Beiträge: Streit um die Öffentlich-Rechtlichen spitzt sich zu


Autor: Robert Wagner

Deutschland, Donnerstag, 24. Oktober 2024

Wer derzeit Beiträge der Tagesschau auf Instagram verfolgt, sieht häufig nur ein schwarzes Bild. Mit der Aktion möchte die ARD und andere Öffentlich-Rechtliche Rundfunkanstalten darauf aufmerksam machen, dass in Zukunft viele ihrer Beiträge entfallen könnten.


Der Konflikt schwelt seit Jahren: Wie viel Berichterstattung dürfen die Öffentlich-Rechtlichen im Internet anbieten? Und vor allem: In welcher Form? Um medienwirksam auf das Thema aufmerksam zu machen, hat unter anderem die Tagesschau begonnen, viele Beiträge in ihren Social-Media-Accounts selbst zu "zensieren".  

Im Zentrum der Auseinandersetzung zwischen den Öffentlich-Rechtlichen-Rundfunkanstalten und dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) steht die "Presseähnlichkeit". Der Begriff klingt zunächst sperrig, doch im Wesentlichen geht es um die Frage, ob Sender wie ARD im Internet über aktuelle Entwicklungen und Nachrichten in Textform berichten dürfen.

"Presseähnliche" Angebote bald verboten? 

Denn eigentlich ist ihnen genau das verboten: Im Medienstaatsvertrag wurde festgelegt, dass "Telemedienangebote" der Rundfunkanstalten nicht "presseähnlich" sein dürfen. "Sie sind im Schwerpunkt mittels Bewegtbild oder Ton zu gestalten, wobei Text nicht im Vordergrund stehen darf", heißt es im Gesetz. Dabei geht es darum, die freien und kommerziellen Medien, vor allem auch lokale Zeitungen und Medienangebote, vor einer staatlich bzw. öffentlich finanzierten Konkurrenz zu schützen.  

Denn, so der BDZV gegenüber dem NDR-Medienmagazin ZAPP: "Diese Angebote erschweren und verhindern in Teilen den Verkauf von digitalen und gedruckten Presseprodukten. Sie schaden damit der Medienvielfalt."

Ganz anders empfinden das hingegen die Öffentlich-Rechtlichen Anbieter - sie sehen die Medienvielfalt genau durch den Vorstoß des BDZV in Gefahr. Insbesondere Angebote wie tagesschau.de oder sportschau.de würden massiv unter einer strengeren Auslegung der "Presseähnlichkeit" leiden. Sollten die beliebten Angebote eingeschränkt werden, würde der Zugang zu Informationen für die Nutzer erschwert. Aus Sicht von ARD und Co. in Zeiten, in denen Menschen auf seriöse Nachrichten-Angebote angewiesen sind, ein Unding.

Tagesschau schwärzt eigene Beiträge: Um was geht es genau?

Um darauf aufmerksam zu machen, hat die Tagesschau bei ihrem Instagram-Account Beiträge geschwärzt. Statt den eigentlichen Beiträgen sieht man dort immer öfter ein schwarzes Bild mit der Aufschrift "Was ist hier los?". Im Anschluss erklärt ARD, dass der geplante Reformstaatsvertrag Beiträge wie diesen in Zukunft verhindern würde. 

Sollte sich der BDZV durchsetzen und die geplanten Reformen umgesetzt werden, dürfen Öffentlich-Rechtliche Anbieter in Zukunft fast nur noch im Zusammenhang mit Video- oder Hörfunkangeboten berichten. Konkret heißt das: Gibt es zu einer Meldung bisher keinen Videobeitrag, dürfte es auch keinen Text oder Social-Media-Post zu dem Thema geben. 

Die Tagesschau zitiert WDR-Intendant Tom Buhrow dazu mit einem konkreten Beispiel:  "Wenn die Nachricht 'Klopp geht zu Red Bull' kommt, gibt es noch keine Sendung, auf die wir Bezug nehmen können." Man könne also noch nicht über das Thema berichten. "Aber die Leute wollen doch sofort wissen, was steckt dahinter."

Verleger weisen Vorschlag zurück - wann gibt es eine Lösung des Konflikts?

Die ÖRR hatten zuletzt eine "Selbstverpflichtung" vorgeschlagen, welche engere Regeln für textliche Beiträge im ÖRR setzen würde, aber den Sendern gleichzeitig noch die Möglichkeit gäbe, solche Beiträge in engeren Grenzen zu verfassen. Der BDZV hat den Vorstoß zurückgewiesen:  "Wir haben Jahre mit Schlichtungsversuchen hinter uns. In all dieser Zeit hätte genau diese Selbstverpflichtung passieren können, und sie ist halt nicht passiert", so Matthias Ditzen-Blanke, Vorsitzender des BDZV gegenüber der FAZ

"Und bei aller Wertschätzung: Hunderte Menschen aus Politik und Sendern beschäftigen sich über Monate mit diesem Vorschlag, der vielen Anliegen Rechnung zu tragen versucht. Und in wirklich allerletzter Minute wird diese Selbstverpflichtung aus der Tasche gezogen. Für wie naiv hält Herr Gniffke eigentlich die Verleger – und auch die Politiker, frage ich mich", ergänzt Stefan Hilscher, ebenfalls Vorstand beim BDZV.

Derzeit beraten die Bundesländer über eine Reform des Öffentlich-Rechtlichen-Rundfunks.  Doch die Länder streiten sich vor allem noch übers Geld - konkret: den Rundfunkbeitrag, den die Menschen in Deutschland zahlen. Das Projekt steht auf wackeligen Beinen. Die aktuell laufende Ministerpräsidentenkonferenz soll spätestens am Freitag (25.10.2024) Klarheit bringen. Es ist aber davon auszugehen, dass auch dann die Frage nach der "Pressenähnlichkeit" von ARD, ZDF und Co. und den Auswirkungen auf ihre tagesaktuelle Berichterstattung noch nicht das letzte Wort gesprochen sein wird. rowa/mit dpa