Symphoniker spielen in der Champions League
Autor: Martin Köhl
, Donnerstag, 15. Januar 2009
Wolfgang Fink ist seit 100 Tagen Intendant der Bamberger Symphoniker. Im Gespräch kündigt er einen "Haydn-Spaß" zum Musikerjubiläum dieses Jahres an.
Am 1. Oktober 2008 übernahm Wolfgang Fink als Nachfolger des nach München gewechselten Paul Müller die Intendanz der Bamberger Symphoniker – Bayerische Staatsphilharmonie. Vorher arbeitete er in Australien. Fink hat sich inzwischen gut in Bamberg eingelebt, obwohl er berufsbedingt viel reisen muss. In sein Reisegepäck kann er jetzt die Rangliste der deutschen Orchester nehmen, in dem die „Bamberger“ einen hervorragenden 6. Platz belegen, pikanterweise noch vor Thielemanns Münchner Philharmonikern.
Herr Fink, in Sydney herrschen jetzt kuschelige 30° Celsius, in Bamberg liegen wir gut 40° drunter. Heimweh nach Australien?
Wolfgang Fink: Das muss ich mit zwei Gegenfragen beantworten: Was gibt es Schöneres als Bambergs zugefrorenen Hainweiher mit Schlittschuh laufenden Kindern? Und ist nicht in Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ der Winter die spannendste Episode? Ganz zu schweigen von Joseph Haydns genialen „Jahreszeiten“ …
… wo es in der
Die Bamberger Symphoniker sind in exzellenter Form, hoch motiviert und motivierbar. Wir hatten in den letzten Monaten so viele schöne Konzerte, da verbietet es sich geradezu, „High-lights“ hervorzuheben. Ich habe mit vielen Musikern Einzelgespräche geführt und immens viel gelernt: wo das Orchester herkommt sozusagen, welches weitere Potenzial da noch drin steckt und wo gelegentlich auch „der Schuh drückt“. Die meisten Musiker sind ja sehr (selbst-) kritisch, aber die Balance zwischen gesundem Selbstbewusstsein und nachhakender Befragung der Standards scheint mir gut austariert.
Ich bin daher guter Dinge und mächtig stolz auf unsere „banda“. Übrigens kriegen wir derzeit bei unseren Auftritten überall hervorragende, teilweise sogar euphorische Kritiken. Deshalb verliert aber niemand die Bodenhaftung – ein schöner Zug an den Bambergern!
Fühlen Sie sich gut unterstützt von den lokalen Kräften wie z.B. der Stadt Bamberg und den „Freunden“?
Ja, sehr sogar! Ich bin vor allem den Freunden mit Herrn Dr. Jungbauer an der Spitze und unserem OB sehr dankbar, dass Hallenrenovierung und -erweiterung jetzt beschlossene Sache sind. Das wertet unseren Spielort gewaltig auf – und wir können selbstbewusst hinzufügen: es wird dem Renommée des Orchesters, das der ganzen Stadt weltweit zugute kommt, endlich voll gerecht werden. Wir werden doch in einem Atemzug mit Orchestern genannt, die in so glanzvollen Häusern wie der Semperoper, der Berliner Philharmonie oder dem Gewandhaus ihre Heimstätte haben.
Kurzum: dass dieses Projekt in der Stadt eine Mehrheit gefunden hat, macht mich sehr glücklich.
Wo sehen Sie zukünftige Schwerpunkte des Orchesters?
Die Bamberger Symphoniker genießen eine fantastische Akzeptanz bei ihrem Heimpublikum. Projizierte man den Anteil der Bevölkerung, der in unsere Konzerte kommt, auf eine Stadt wie Berlin oder gar London, dann müssten die Orchester dort in Sälen von der Größe einer Sportarena spielen. Das ist eine ideale Basis für uns. Aber das künstlerische Renommee und, etwas krass gesagt, der Marktwert des Orchesters sowie die Motivation der Musiker lassen sich nur halten und steigern, wenn wir uns an den besten Orchestern auf den internationalen Konzertpodien messen. Die Symphoniker spielen in der Champions League – übrigens ganz ohne Doping (schmunzelt).
Sind die daraus resultierenden Programmkonzepte denn vereinbar mit den Erwartungen des hiesigen Publikums, also z.B.
der Abonnentenschaft in Bamberg und im Fränkischen?
Übers Jahr gesehen spiegelt das Abo-Programm die Bandbreite dessen wider, was wir auch auswärts spielen. Die Erwartungen und Programmanfragen bei Veranstaltern gehen immer weiter auseinander. Mancherorts scheint das Publikum nur noch die „greatest hits“ zu akzeptieren – als ob Beethoven Popmusik wäre. Und dann gibt es den umgekehrten Trend: je ausgefallener, um so besser. Wir können und müssen beides gleich gut bedienen, was unseren Abonnenten doch sehr zugute kommt. Als Programmmacher weiß ich, dass nicht jedem jedes gefällt – aber ich stelle fest, dass das Publikum hier sehr ernst genommen werden will. Wenn wir weniger Bekanntes oder Neues aufs Programm setzen, tun wir das, weil wir zu 100 Prozent von der Qualität und Wichtigkeit eines Werkes überzeugt sind. Bartók etwa, von dem wir heuer ziemlich viel spielen, ist doch genau so bedeutend wie zum Beispiel Brahms.
Diese Musik zu ignorieren, weil sie nicht jeden Geschmack trifft, fände ich sehr bedenklich. Wir werden da auch künftig Kurs halten – und übrigens auch die Musik vor 1750, die von Seiten „romantischer“ Symphonieorchester jahrzehntelang den Spezialistenensembles überlassen wurde, wieder zurückerobern. Die h-Moll-Messe mit Norrington war da eine wichtige Etappe.
Am Pfingstsonntag feiert die Musikwelt ein ganz wichtiges Jubiläum: Joseph Haydns 200. Todestag.
Da werden wir natürlich gebührend mitmischen. Haydn verdanken wir ja doch fast alles. Es wird Ende Juni/Anfang Juli zwei Wochen geben, die ihm gewidmet sind, u. a. mit Aufführungen seiner Oper „L’isola disabitata“ im E.T.A.-Hoffmann-Theater und mit weiteren Konzerten.
Da wir in der Mußstrasse umbauen, wird man uns auch an anderen Spielstätten erleben können: unsere Sommerkonzerte, das kann ich Ihnen versprechen, werden ein Haydn-Spaß (lacht).
Was steht noch so auf der Agenda?
Ich möchte nicht zu viel verraten – aber wenn alle Umbau-Termine eingehalten werden, gibt’s ein großes Werk zur Neueröffnung der „heilgen Halle“.
Stichwort „Artist in Residence” 2009/10: Wir bitten um Enthüllung!
Für 2010 haben wir etwas Besonderes im Köcher – aber der Pfeil wird erst abgeschossen, wenn die Bogenspannung stimmt.
Wissen Sie eigentlich, dass Ihr Name – zumindest wenn man es mit der Orthographie nicht so genau nimmt – in Bamberg musikhistorisch einen besonders guten Klang hat?
Wie meinen?
Nun ja, dass Heinrich Finck …
… der Hofkapellmeister beim legendären Herzog Ulrich in meiner württembergischen Heimat …
… wohl um 1445 als Sohn eines Ratsherrn in Bamberg geboren wurde.
Wenn das kein gutes Omen ist!