Druckartikel: Supermärkte wollen Fleischangebot aus Haltungsstufe 3 und 4 ausbauen - wenig Sicherheit für Landwirte

Supermärkte wollen Fleischangebot aus Haltungsstufe 3 und 4 ausbauen - wenig Sicherheit für Landwirte


Autor: Alexander Milesevic

Deutschland, Montag, 23. Oktober 2023

Supermärkte wollen ihr Frischfleisch- und Milch-Angebot aus den Haltungsformen 3 und 4 massiv ausbauen. Die Mengen sind dafür allerdings noch nicht vorhanden. Auch, weil die Verträge den Landwirten zu wenig Sicherheit bieten.


Zahlreiche Supermärkte wollen ihr Fleisch und Milchangebot aus den Haltungsformen 3 und 4 ausbauen. Fleisch von Tieren, die nur im Stall sind, soll es damit in Zukunft bei Lidl und Edeka kaum noch geben. Aldi und Rewe gehen noch einen Schritt weiter. Sie wollen ab 2030 nur noch Frischfleisch und Milch ihrer Eigenmarken aus den Haltungsstufen 3 "Außenklima" und 4, Auslauf oder Bio, verkaufen und damit für mehr Tierwohl sorgen, wie der BR berichtet. 

Dabei ist das Fleisch aus den Haltungsformen 3 und 4 laut Rewe noch nicht in ausreichender Menge vorhanden. Der Grund: Die Umstellung Grund von Haltungsstufe 2 auf 3 oder 4 ist immer mit einem Umbau der Ställe verbunden, da diese geöffnet werden und zusätzliche Auslaufmöglichkeiten angelegt werden müssen. Dafür braucht es Investoren und baurechtliche Genehmigungen, die Zeit in Anspruch nehmen oder erst gar nicht erteilt werden. Vergleichsweise wenig Aufwand erfordert die Umstellung Stufe 1 auf 2. Ähnlich wie bei den Mindeststandards werden die Tiere in der Haltungsform 2  im Stall gehalten. Sie erhalten aber in der Regel etwas mehr Platz und Beschäftigungsmaterial als gesetzlich vorgeschrieben.

Fleisch aus besseren Haltungsformen: Umstieg geht nur langsam voran

Nach Angaben von Greenpeace geht der von den Händlern angekündigte Umstieg auf Fleisch aus besseren Haltungsformen jedoch nur schleppend voran. Wie Aldi Süd auf BR-Anfrage angibt, stamme bereits über 33 Prozent des Frischfleischs aus Haltungsform 3 und 4. Damit liegt das Unternehmen über dem Schnitt des gesamten deutschen Lebensmitteleinzelhandels. Laut eines Sprechers der Initiative Tierwohl, die an der Einführung der Haltungsformlabels beteiligt war, kommt knapp 5 Prozent des frischen und bearbeiteten Fleischs aus der Stufe 1, 85 Prozent aus der Stufe 2 und etwa10 Prozent aus den Stufen 3 und 4.

Die Supermärkte gaben gegenüber des BR an, dass das Fleisch der höheren Haltungsstufen hauptsächlich aus Deutschland kommen soll. Aldi bestätigt: "Bereits heute stammen über 90 Prozent der von Aldi Süd verkauften Frischfleischprodukte aus deutscher Landwirtschaft. Diesen Ansatz wird das Unternehmen konsequent weiterverfolgen." Auch Edeka betont, dass bereits 99 Prozent des Schweinefleisches, das unter den Edeka-Eigenmarken angeboten wird, aus Deutschland kämen. 

In der Haltungsstufe 3 bekommen Landwirte eine Abnahmegarantie und einen garantierten Mindestpreis. Trotzdem bieten ihnen die häufig kurzen Verträge zu wenig Sicherheit, sodass sie nicht umbauen. "Ein Großteil der Landwirte sieht derzeit keine Möglichkeiten, ihre Ställe entsprechend umzubauen. Weil dahinter zu viele Fragezeichen in der Finanzierung liegen und ob der Verbraucher bereit ist, dann für das teurere Produkt auch zu bezahlen", sagte Stephan Neher von der Ringgemeinschaft Bayern, die die Fleischerzeuger vertritt, gegenüber dem Bayerischen Rundfunk

Fleisch im Supermarkt: darauf achten Verbraucher beim Kauf

Nur wenige Landwirte haben direkt einen Vertrag mit einer Supermarktkette. Meistens wird das Fleisch von einer Erzeugergemeinschaft vermarktet, die mit den Schlachthöfen zusammenarbeitet. Von dort gelangt die Ware zu Zerlege- und Wurstbetrieben, die die verpackten Fleisch- und Wurstwaren an die Supermärkte verkaufen. 

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Der Bayerische Bauernverband fordert deshalb Verträge mit einer Laufzeit von mindestens zehn Jahren. Das scheint jedoch utopisch. Mehr als fünf Jahre Laufzeit werde wohl kein Vertrag innerhalb dieser Kette haben, sagte Franz Beringer, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Südbayern und des Vion-Schlachthofs in Landshut dem BR. Denn wie sich der Fleischkonsum zukünftig entwickelt, ist ungewiss. Wie der Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zeigt, nimmt der Fleischkonsum ab, obwohl Verbraucher besonders auf Tierwohllabel und Regionalität achten.  

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