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Studie zeigt: Klima und Krieg besorgen Jugendliche - in ihre berufliche Zukunft blicken sie jedoch optimistisch


Autor: Klaus Heimann

Deutschland, Donnerstag, 02. Februar 2023

Der Krieg in der Ukraine und der Klimawandel macht der Jugend zu schaffen. Bei den persönlichen Zukunftschancen sind sie dagegen euphorisch.
Eine Jungend-Studie offenbart widersprüchliche Ergebnisse.


  • Ukraine-Krieg, Klimakrise - Jugend erwartet Wohlstandsverluste
  • Der Wert Freiheit gewinnt an Bedeutung
  • Zukunftsoptimismus ist ungebrochen

Liz Mohn, die "Grande Dame" des Medienkonzerns Bertelsmann in Gütersloh, setzt ihr gesellschaftliches Engagement in der Stiftung und im Liz Mohn Center (LMC) unvermindert fort. Ihr aktuelles Interesse richtet sich auf die Frage: Was denkt die Jugend in Deutschland. Sie wollte genau wissen, was sie bewegt, was sie angesichts des Kriegs in der Ukraine, der Klimakrise und Corona denkt. Jetzt gibt es Antworten, auf ihre bohrenden Fragen.  

Wie wackelig ist die Welt?

Erst vor wenigen Tagen präsentierte sie in der Mozartstadt im Rahmen des Salzburger Trilogs, der den Veranstaltungstitel "Wie kann man eine zerrissene Welt heilen? Respekt, Vertrauen, Verlässlichkeit und gegenseitiges Verständnis" trägt, 30 Führungskräften die Studie des Meinungsforschungsinstituts Ipsos.

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Ipsos ist die Nummer 3 weltweit in der Marktforschungsbranche. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 18.000 Mitarbeitende und hat eine starke Präsenz in 90 Ländern. 500 repräsentative ausgewählte deutsche Jugendliche im Alter zwischen 12 und 18 Jahren waren bereit, in einem Interview Rede und Antwort zu stehen.

Erst die Pandemie, nun der Ukraine-Krieg und die ungelösten Klimaprobleme: Die Welt, wie sie die Jugendlichen Deutschlands kennen, ist ziemlich wackelig und droht aus den Fugen zu geraten. Das hinterlässt Spuren: Das Leben der jungen Leute ist weniger unbeschwert seit Kriegsausbruch. Gefühle von Angst und Trauer dominieren. Die Zukunft Deutschlands sehen sie eher skeptisch.  

Ukraine-Krieg, Klimakrise - Jugend erwartet Wohlstandsverluste

Und das sind die zentralen Ergebnisse der Jugendstudie in Zahlen:

  • Mehr als die Hälfte der Jugendlichen berichtet, dass der Ukraine-Krieg bei ihnen Angst- (58 Prozent) und Trauergefühle (51 Prozent) auslösen.
  • Klimaschutz ist eine Herzensangelegenheit und gehört zu den wichtigsten Themen der Jugendlichen. Die globale Klimakrise ist für die Gruppe der Älteren sowie für die ganz jungen Kinder und Jugendlichen das zentrale Thema: Knapp 48 Prozent der 16- bis 18-Jährigen und 46 Prozent der 12- bis 13-Jährigen sagen, dass sie sich sehr große Sorgen machen.
  • Die Mehrheit unter der Jugend (60 Prozent) befürchtet Wohlstandsverluste, ausgelöst durch steigende Energiepreise und Inflation ("Wir werden uns in Zukunft nicht mehr so viel leisten können").
  • Die Corona-Pandemie hingegen bereitet inzwischen den wenigsten Jugendlichen große Sorgen.

Der Wert Freiheit gewinnt an Bedeutung

Das Kriegsgeschehen in der Ukraine treibt die Jugendlichen um und sie machen sich ihre Gedanken. Werte, wie persönliche Freiheit, sehen Jugendliche seit Kriegsausbruch anders, sie ist ihnen wichtiger. Der Krieg hat bei einem Drittel der Jugendlichen den Blick auf die Bundeswehr verändert. Wenig halten Jugendliche davon, wenn sich Deutschland intensiver in das Kriegsgeschehen einmischen würde. Das wünschen sich 78 Prozent ausdrücklich nicht. 

Knapp die Hälfte der befragten Jugendlichen haben ihr eigenes Leben vor dem Krieg als unbeschwerter wahrgenommen. 40 Prozent fühlen sich und die eigene Familie bedroht. Eltern und Freund*innen gehören zu den ersten Anlaufpunkten, wenn es darum geht, über die Sorgen und Ängste, die der Krieg auslöst, zu reden. 26 Prozent haben allerdings niemanden, mit dem sie sich darüber austauschen. 

Einen persönlichen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten, ist den meisten Jugendlichen (54 Prozent) ein Anliegen. Das Interesse an Politik durch den Krieg nimmt bei einem Drittel zu. Trotzdem informiert sich nur eine Minderheit (31 Prozent) regelmäßig über politische Themen. Politik spielt generell im Leben der Jugendlichen eine ungeordnete Rolle. Für 72 Prozent der Jugendlichen ist es irrelevant, in einer politischen Partei aktiv zu sein. Bedenklich ist, dass sich nur eine Minderheit der Jugendlichen von der Politik ernst genommen fühlt (12 Prozent). Liz Mohn ermahnt Politik und Gesellschaft: "Wir sollten den jungen Menschen zuhören und sie mit ihren Sorgen und Wünschen ernst nehmen."

Zukunftsoptimismus ist ungebrochen

Wenn es um die eigenen Erwartungen in der Zukunft geht, hellt sich der Blick der Jugendlichen zunehmend auf. Drei von fünf Jugendlichen blicken mit großer Zuversicht in ihre berufliche Zukunft. Nur fünf Prozent sagen, dass sie mit ihren derzeitigen Lebensumständen nicht zufrieden sind. Selbst Mut zum Gründen eines eigenen Unternehmens ist bei den jungen Menschen vorhanden (41 Prozent).

Konkreter nachgefragt, was ihnen wichtig ist, sagen 94 Prozent die persönliche Freiheit. Das ist mit Abstand der höchste Wert. Danach folgen die Aussagen "Geld verdienen" (90 Prozent) und "Reisen und die Welt entdecken" (82 Prozent). Die Statements "Verantwortung übernehmen" und sich "Gesund ernähren" haben mit 80 Prozent ebenfalls hohe Zustimmungswerte. 

Für die 16- bis 18-jährigen Jugendlichen ist es besonders wichtig, mit dem Beginn ihres Berufslebens eine erfolgreiche Karriere zu starten (85 Prozent). Die wenigsten (36 Prozent) sind davon überzeugt, dass sie durch die Schule auf die berufliche Zukunft vorbereitet sind. Diese Aufgabe übernimmt ihr Umfeld.

Fazit

Es ist ein durchwachsenes Bild, das die Bertelsmann Jugendstudie zeichnet. Bei den "großen" gesellschaftlichen Herausforderungen, wie dem Ukraine-Krieg oder der Klimakrise, gibt es viele Ängste und wenig Anlass zu Optimismus. Ganz anders sieht es aus, wenn es um die eigenen Zukunftsperspektiven geht. Da gibt es hohe, positive Erwartungen. Dass es kommunizierende Röhren sind, gesellschaftliche und individuelle Chancen, ist vielen offensichtlich nicht bewusst.