Streit um Subventionsabbau: Braucht Deutschland mehr Basta?
Autor: Friederike Marx und Jörn Bender, dpa
, Freitag, 19. Januar 2024
Bauern protestieren, der Hotel- und Gaststättenverband macht Stimmung gegen die Rückkehr zum regulären Mehrwertsteuersatz. Über den Abbau staatlicher Subventionen wird viel geredet. Doch umgesetzt wird wenig.
Steuerrabatte, Finanzhilfen, Staatseinstieg: Jahr für Jahr päppelt der deutsche Staat mit Steuermilliarden bestimmte Berufsgruppen, Branchen oder einzelne Unternehmen. Geradezu reflexhaft ist der Protest, wenn die Politik auch nur laut darüber nachdenkt, Subventionen zu kürzen.
Bauern organisieren bundesweit Traktorblockaden, weil die Bundesregierung den Preis für Agrardiesel nicht mehr künstlich niedrig halten will. Der Hotel- und Gaststättenverband warnt mantraartig vor einer Pleitewelle in der Gastrobranche, weil für das Schnitzel im Restaurant seit Januar wieder die regulären 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig sind und die Corona-Sonderregelung mit 7 Prozent nicht verlängert wurde.
«Subventionsabbau wird von vielen gefordert, aber niemand hebt freiwillig die Hand, um Kürzungen bei sich selbst anzubieten», beschrieb die Vorsitzende der «Wirtschaftsweisen», Monika Schnitzer, jüngst in der «Rheinischen Post» («RP») das Dilemma. Jede Ausgabenkürzung löse Proteste der Betroffenen aus.
Nicht immer bleibt die Politik hart wie bei der von vornherein auf die Pandemie befristete Verringerung des Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie. Im Fall der Bauern nahm die Ampelkoalition einen Teil ihrer Kürzungspläne bereits kurz nach deren Verkündung zurück.
Dabei ist die Diskussion über das Für und Wider der staatlichen Milliarden für Agrardiesel nicht neu. Ifo-Präsident Clemens Fuest sagte zum Beispiel schon Anfang 2018 in einem Interview: «Wir haben ganz unterschiedliche Subventionen, teilweise sogar umweltschädliche, etwa die Agrardiesel-Subvention.» Es gebe aus seiner Sicht «eine Menge von Ausgaben, an die man herangehen könnte».
Politik tut sich schwer mit Abschaffung von Subventionen
Doch seit Jahrzehnten tun sich Bundesregierungen - gleich welcher Zusammensetzung - schwer, einmal gewährte und teils ausdrücklich für eine Übergangsphase bereitgestellte staatliche Hilfen wieder abzuschaffen. «Die politisch Verantwortlichen betonen immer wieder die Notwendigkeit, die Subventionen nachhaltig zu kürzen. Gleichwohl folgen den Absichtserklärungen kaum Taten», konstatierte das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) bereits 1998.
Der politische Wettbewerb in der Demokratie veranlasse Politiker dazu, «auf den (vermuteten) Wählerwillen Rücksicht zu nehmen»: «Sie werden sich nur dann für Subventionskürzungen und Steuersenkungen entscheiden, wenn sie erwarten dürfen, dass dies bei künftigen Wahlen von den Wählern belohnt wird», schrieb das IfW vor gut 25 Jahren.