Staat sichert grüne Umstellung der Wirtschaft ab
Autor: Martina Herzog, dpa
, Dienstag, 12. März 2024
Treibhausgase sparen ist gerade bei energiehungrigen Industrieanlagen wie Zementwerken schwierig. Damit die teure Umstellung auf neue Technologien klappt, springt nun der Bund ein - vorübergehend.
Für die Umstellung auf klimafreundlichere Produktionsweisen können Unternehmen in Deutschland künftig Geld aus einem neuen milliardenschweren Förderinstrument des Bundes erhalten. Bei den sogenannten Klimaschutzverträgen übernimmt der Staat zunächst die Mehrkosten für neue Verfahren.
Für die nun eröffnete erste Gebotsrunde stehen vier Milliarden Euro für eine Laufzeit von bis zu 15 Jahren zur Verfügung. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) präsentierte die Neuerungen am Dienstag in Berlin mit spürbarer Begeisterung: «Ich glaube, es ist wirklich was Neues, Tolles und Anderes.»
Bewerben können sich Unternehmen, die erfolgreich am vorbereitenden Verfahren im vergangenen Sommer teilgenommen haben. Die Zuschläge sollen an die kosteneffizientesten Bieter gehen. Infrage kommen Branchen wie die Papier-, Glas-, Stahl- und Chemieindustrie. Zielgruppe sind laut Habeck besonders mittelständische Unternehmen. Für sehr große Projekte gibt es bereits andere Instrumente, für kleinere Unternehmen kündigte Habeck ein weiteres Programm an. Insgesamt sollen laut Ministerium über die Laufzeit des Förderprogramms bis 2045 rund 350 Millionen Tonnen an Kohlendioxid vermieden werden.
Staat geht ins Risiko
Die Unternehmen sollen das Geld zurückzahlen, wenn die geförderten Verfahren günstiger und damit konkurrenzfähig geworden sind. Die Bundesregierung bietet ihnen eine Absicherung gegen schwankende Preise etwa beim Energieträger Wasserstoff. Auch Strompreise und der staatlich verhängte CO2-Preis, der den Verbrauch klimaschädlicher fossiler Rohstoffe teurer macht, haben einen Einfluss auf die Preiskalkulation der Unternehmen. Das Ganze sei «wie ein Versicherungsinstrument» gebaut, sagte Habeck. FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler lobte: «Die zu erwartenden Rückzahlungen verhindern, dass Unternehmen sich von staatlichen Finanzspritzen abhängig machen.»
Das Kostenrisiko für den Staat hält Habeck für überschaubar. Schließlich habe sich Deutschland Klimaziele gesetzt, bis 2045 will man klimaneutral sein, also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als auch wieder gebunden werden können. «Wenn der Zug sozusagen ganz klar Richtung Klimaneutralität geht in den nächsten 25 Jahren, dann wissen wir ungefähr, welche Mengen an grüner Energie und welche Mengen an Wasserstoff und welche Preise für die CO2-Zertifikate in den nächsten Jahren zu erwarten sind», sagte der Minister.
CO2-Zertifikate sind Berechtigungsscheine zum Ausstoß von Treibhausgasen, mit denen Unternehmen handeln können. Ihr Preis soll weiter steigen. Klimafreundlichere Technologien würden immer günstiger, da werde es wie zum Beispiel beim Mobiltelefon eine sprunghafte Entwicklung geben, betonte Habeck. «Wenn es etwas zu erwarten gibt, so meine Prognose, dann, dass es alles schneller günstiger wird, als wir erwarten.»
Schnellere Entscheidungsprozesse
Das neue Förderinstrument soll Unternehmen schneller Gewissheit bringen über staatliche Unterstützung. Normalerweise müssen große staatliche Förderprojekte der Bundesregierung für die Wirtschaft von der EU-Kommission genehmigt werden. Das ist aufwendig und kann Jahre dauern. Bei den Klimaschutzverträgen ist das anders; die EU-Kommission hat das Instrument als solches bereits genehmigt. Unter dem Strich sollen Unternehmen so deutlich schneller zur Förderzusage kommen. Sie haben vier Monate Zeit, um ein Gebot abzugeben, mit dem sie in einer Art Auktion gegen andere Unternehmen antreten. Dazu müssen sie ihre erwarteten Extrakosten für die grüne Umstellung kalkulieren, was durchaus anspruchsvoll ist, wie das Ministerium einräumt. Dafür sollen sie dann nach weiteren zwei Monaten Bescheid bekommen, ob sie Förderung erhalten oder nicht.