Spiele-Trend - alt und doch neu
Autor: Matthias Litzlfelder
Nürnberg, Freitag, 25. Januar 2013
Der Spielwarenmarkt in Deutschland wächst. Klassiker wie das Plüschtier bleiben gefragt. Aber immer mehr Hersteller setzen auf eine Kombination zwischen klassisch und digital. Besonders beliebt: elektronisches Lernspielzeug.
Die Verbraucher lieben Spielzeug - und das Geld dafür sitzt in Deutschland nach wie vor locker. Beste Voraussetzungen für das weltweit größte Ereignis seiner Art, das am Mittwoch in Nürnberg beginnt. Die Hersteller der Branche treffen sich zur Spielwarenmesse. Zum 64. Mal.
Zufrieden dürften die deutschen Anbieter sein. Erneut ist der Umsatz hierzulande gewachsen, lag 2012 bei insgesamt 2,78 Milliarden Euro. Eine Steigerung um drei Prozent. "Am Kind wird zuletzt gespart - dieser Satz bestätigt sich aufs Neue", sagt Spielwarenforscher Werner Lenzner. Doch die europäische Schuldenkrise macht sich andernorts bemerkbar. Frankreich, Italien, Portugal und vor allem Spanien - überall sanken im vergangenen Jahr die Umsätze.
Geschäft ballt sich im Dezember
Die Spanier, die einen Rückgang von elf Prozent verkraften müssen, kämpfen noch mit einem anderen Phänomen. Das Weihnachtsgeschäft verteilt sich immer mehr auf nur wenige Tage. 51 Prozent des Jahresumsatzes werden auf dem spanischen Spielwarenmarkt im Dezember gemacht. "Ein internationaler Trend", sagt Lenzner. "Der November verliert an Bedeutung. Unsere Last-Minute-Gesellschaft wartet lieber bis ein, zwei Wochen vor dem Fest."
Besonders erfolgreich im Weihnachtsgeschäft waren laut Lenzner elektronische Lernspiele. Der Spielwarenforscher nennt als Beispiele Produkte wie "Tip Toi" von Ravensbur ger oder "Storio 2" von Vtech. Die Verbraucher griffen aber nach wie vor auch zu traditionellen Gesellschaftsspielen und Systemspielzeug wie Lego oder Playmobil. Der Anbieter der Playmobil-Figuren, die in Zirndorf ansässige Firma Geobra Brandstätter, will seine Geschäftszahlen erst am Mittwoch veröffentlichen. Die Entwicklung sei aber positiv, sagte eine Pressesprecherin auf Anfrage. Mit dem Systemspielzeug aus Mittelfranken spielen die Kinder seit fast 40 Jahren. Klassisches, anfassbares Spielzeug steht nach wie vor hoch im Kurs.
Glaubt man dem Jugendmarktforscher Axel Dammler, dann wird das auch noch länger so bleiben. "96 Prozent der bis 30-Jährigen spielen auf elektronischen Geräten, aber 90 Prozent spielen auch mit klassischem, anfassbaren Spielzeug", sagt Dammler. Industrie und Handel könnten den Trend, klassische Spielwaren um digitale Spielfunktionen zu erweitern, geschickt nutzen, wenn sie durch die Kombination der beiden Spielformen einen klaren Mehrwert für die Spieler stiften, meint Dammler.
Doch es geht auch rein klassisch. Ein Beispiel dafür ist der Plüschtierhersteller Teddy-Hermann aus Hirschaid (Landkreis Bamberg). "Ein Kind braucht immer etwas zum Kuscheln", bringt es Geschäftsführerin Margit Drolshagen auf den Punkt. Ein Umsatzplus von sechs Prozent verzeichnete die Firma, die im vergangenen Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feierte und auf der Spielwarenmesse 113 Neuheiten präsentieren wird. "Wir sind zuversichtlich, dass wir dies 2013 noch toppen können", sagt Drolshagen.
Erdmännchen und Kiwi
Auch wenn der Teddybär beim Verkauf die Nummer eins bleibe, aktuell seien Haustiere wie Hund, Katze und Meerschweinchen beliebt. Die Firma und ihre 50 Mitarbeiter haben im Sortiment inzwischen auch ausgefallene Tierarten wie Erdmännchen und Kiwi. Das Erfolgsgeheimnis? "Wir liefern dem Handel sehr schnell und lassen alle unsere Plüschtiere vom Tüv prüfen", sagt die Geschäftsführerin. Ein laut Drolshagen "hoher finanzieller Aufwand" für die im Ausland gefertigten Plüschtiere, der sich aber lohne. "Insbesondere die Chinesen legen großen Wert auf deutsche Markenprodukte mit Qualität."
Deutlich größer als Teddy-Hermann ist ein weiterer Spielzeughersteller aus Oberfranken. Für die Haba-Gruppe in Bad Rodach (Landkreis Coburg) arbeiten rund 1900 Menschen. "Wir sind eine der wenigen Firmen, die noch überwiegend in Deutschland produzieren", berichtet Michael Hopf, Geschäftsleiter Marketing und Vertrieb bei Haba. Holzspielzeug werde sogar komplett in Bad Rodach hergestellt. Wie die Gesamtbranche erzielte auch Haba 2012 ein Umsatzplus von drei Prozent. Doch Hopf warnt davor, die Entwicklung in der Branche allzu rosig zu sehen. "Zuletzt war eine große Unruhe zu spüren. Denn es gibt Firmen, denen geht es besonders gut, vielen anderen aber geht es schlecht." Der Verkauf über das Internet spiele eine immer größere Rolle. Das sorge wiederum für Schließungen von Geschäften im Fachhandel. "Wer keinen großen und bekannten Markennamen hat, bekommt ein Problem, denn er wird im Internet nicht gefunden", erklärt Hopf. Außerdem fördere das Internet "extremes Preisdumping".
Einen leichten Umsatzrückgang auf 615 Millionen Euro musste die Simba-Dickie-Gruppe aus Fürth hinnehmen, einer der größten Spielwarenhersteller in Deutschland. Die Ertragslage sei aber weiterhin "sehr gut, solide und stabil", berichtete Firmenchef Michael Sieber. Spekuliert wird seit einigen Wochen, ob der Bobby-Car-Hersteller den Modelleisenbahn-Traditionsbetrieb Märklin übernimmt. Es gebe Interesse, aber es sei noch vieles zu klären, hieß es gestern bei Simba-Dickie. Die Spielwarenbranche - sie bleibt in Bewegung.