Merz und Unionsjugend im Rentenkonflikt - und nun?
Autor: David Nau und Michael Donhauser, dpa
, Sonntag, 16. November 2025
Die JU bejubelt Kritiker und schweigt bei Merz: Im Streit ums Rentenpaket kracht es zwischen Parteinachwuchs und Kanzler. Was das für das Vorhaben und die Koalition bedeutet.
Bislang war die Junge Union für den Kanzler eine sichere Machtbasis. Im Wahlkampf klebte der Parteinachwuchs unermüdlich Plakate und stand bei Wind und Wetter an der Seite von Friedrich Merz. Doch der Streit um das Rentenpaket der Regierung entzweit beide Seiten: Beim Deutschlandtag der JU wird es bei der Rede des Kanzlers erst immer stiller, in der Aussprache bekommt er dann kaum noch Applaus. Kritische Fragen der Delegierten werden hingegen frenetisch bejubelt. Kann die JU, die mehrere Bundestagsabgeordnete stellt, das Vorhaben kippen?
Der Kanzler stellte sich in seiner Rede am Samstag im südbadischen Rust hinter den Gesetzentwurf seiner schwarz-roten Koalition und damit gegen den Parteinachwuchs. Der fühlte sich vom Kanzler regelrecht abgekanzelt und will an seiner Ablehnung des Gesetzespakets festhalten. Und CSU-Chef Markus Söder, in der Union ein wichtiger Machtfaktor? Er trat einen Tag nach Merz am Sonntag am selben Ort auf - und zeigte gleichermaßen Verständnis für Merz und die Kritik der Jungen.
Worum geht es beim Streit?
Im Zentrum steht die sogenannte Haltelinie bei der Rente, also das Absicherungsniveau der Rente im Verhältnis zu den Löhnen. Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD vereinbart, bis 2031 die Haltelinie für das Rentenniveau bei 48 Prozent zu verlängern. In dem vom Kabinett beschlossenen Rentengesetzentwurf ist außerdem aber vorgesehen, dass auch nach 2031 das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht liegen soll. Die Junge Gruppe der Unionsabgeordneten im Bundestag moniert das und argumentiert, dass das nicht im Koalitionsvertrag vereinbart ist.
Was sagt die Junge Union?
Die Junge Union und auch die jungen Abgeordneten im Bundestag haben die Sorge, dass die Folgekosten den finanziellen Spielraum im nächsten Jahrzehnt massiv einschränken und zulasten der Beitragszahler und damit der jungen Generation gehen. JU-Chef Johannes Winkel hatte vor den Delegierten in Rust klargestellt: «Dieses Rentenpaket mit den Folgekosten von 120 Milliarden Euro über den Koalitionsvertrag hinaus, das darf auf keinen Fall so kommen.»
Was meint Bundeskanzler Merz?
Merz dagegen will zustimmen. «Ja, ich werde mit gutem Gewissen diesem Rentenpaket zustimmen, wenn wir es im Deutschen Bundestag zur Abstimmung vorliegen haben», sagte er in seiner Rede. Er forderte den Parteinachwuchs auf, sich an der Debatte konstruktiv zu beteiligen. «Aber nicht, indem ihr sagt, was nicht geht», forderte er. Man müsse gemeinsam diskutieren, was gehe. «Glaubt jemand ernsthaft, dass wir einen Unterbietungswettbewerb gewinnen? Wer bietet das niedrigste Rentenniveau?», rief Merz in den Saal. «Das kann doch nicht euer Ernst sein!» Damit gewinne man keine Wahlen.
Knickt Merz angesichts der Kritik ein?
Im «Bericht aus Berlin» hielt Merz den Kritikern entgegen, dass der zur Rede stehende Rentengesetzentwurf genau dem Koalitionsvertrag entspreche. In ihm gehe es um die Zeit bis 2031. «Ich unterstütze es, dass wir für die Zeit nach 2031 in unserem Rentensystem grundlegend etwas ändern.» Dafür werde noch in diesem Jahr die Rentenkommission eingesetzt. «Die wird auch so besetzt werden, dass diejenigen, die das jetzt alles kritisch sehen, mit dabei sind.» Die Kommission solle noch vor der Sommerpause 2026 ihre Arbeit abschließen. Unmittelbar danach werde das Gesetzgebungsverfahren beginnen.
Man könne diese Schrittfolgen auch in einem «Begleittext», etwa einem Entschließungsantrag, zum aktuellen Gesetzesentwurf klarstellen, sagte Merz in der ARD. Er versicherte, dass er sich um die Zusammenarbeit mit der Jungen Union und auch mit der Jungen Gruppe im Bundestag bemühe. «Aber ich bin als Bundeskanzler nicht nur einer Gruppe gegenüber verantwortlich, ich bin gegenüber dem ganzen Land in der Verantwortung.»