Schafft Scholz die Kanzlerwende?
Autor: Michael Fischer und Verena Schmitt-Roschmann, dpa
, Mittwoch, 31. Januar 2024
Der Kanzler will das letzte Jahr voller Ampel-Streit hinter sich lassen und das ramponierte Image seiner Regierungskoalition aufbessern. Wie? Die Generaldebatte im Bundestag könnte Aufschluss geben.
Miese Umfragewerte, Dauerstreit in der Ampel, Kritik an seinem Führungsstil und seiner Kommunikation: All das hat Olaf Scholz lange Zeit an sich abperlen lassen.
«Vertrauen Sie mir», lautete seine Devise. Der Kanzler wird's schon richten. Seit dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgericht kommt Scholz damit nicht mehr so einfach durch. Dass er das verstanden hat, ließ er vergangene Woche in der «Zeit» anklingen - Scholz übte erstmals so etwas wie Selbstkritik, wenn auch sehr vorsichtig.
Aber was folgt jetzt daraus? Erlebt das Land nun einen «neuen Scholz», der weiß, dass er sich zurückkämpfen muss in der Gunst der Wählerinnen und Wähler? Die heutige Generaldebatte zum Haushalt könnte Aufschluss darüber geben. Es wird das erste Rededuell des Kanzlers mit CDU-Chef Friedrich Merz in diesem Jahr. Traditionell werden diese Debatten vom Oppositionsführer eröffnet. Erst dann ist der Kanzler an der Reihe. Scholz kommt es entgegen, auf Merz reagieren zu können. In dieser Konstellation hatte er seine bisher besten Auftritte im Parlament.
Scholz sieht sich als «Bürgerpolitiker»
Den «neuen» - oder vielleicht auch nicht ganz so neuen - Scholz konnten rund 700 Menschen schon am Vorabend in Potsdam erleben: Ein Gespräch des Kanzlers in seinem brandenburgischen Wahlkreis mit der Schriftstellerin Juli Zeh, bei dem auch Menschen aus dem Publikum Fragen stellen konnten.
Scholz zeigte sich dabei bisweilen nachdenklich. Er bekannte, wie «furchtbar» er die Stärke der AfD finde und die Berichte über das Treffen radikaler Rechter mit einigen AfD-Politikern in Potsdam. Auf die Frage einer jungen Frau betonte Scholz ernst und feierlich, er werde niemals zulassen, dass Menschen mit Migrationshintergrund aus dem Land gedrängt werden.
Immer wieder ging es im Gespräch mit Zeh auch darum, wie man unzufriedene Bürgerinnen und Bürger erreichen könnte, dass man Sympathisanten der AfD nicht abstempeln oder von oben herab behandeln dürfe, wie wichtig der Austausch mit den Wählerinnen und Wählern sei. Er führe tolle Gespräche, lade auch oft zu Bürgerdialogen ein, betonte Scholz. Überhaupt: Er sei ein «Bürgerpolitiker».
«Das ist schon richtig, was gemacht worden ist»
Und dann nutzte Scholz die Gelegenheit doch noch, sich recht zufrieden mit der Bilanz seiner zweijährigen Regierungszeit zu äußern. Erwerbsminderungsrente, Mindestlohn, Wohngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag, da habe man immer die Nöte der Menschen mit kleinem Einkommen im Blick gehabt. Um die Folgen von Corona und des Ukraine-Kriegs zu bewältigen und die Wirtschaft am Laufen zu halten, habe sich der Staat um 500 bis 600 Milliarden Euro zudem zusätzlich verschuldet. «Da ist schon richtig was gemacht worden ist, um die Lebensverhältnisse zu stabilisieren», sagte Scholz.