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"Rosario Smowing" beschwingen lahmes Publikum


Autor: Rudolf Görtler

Bamberg, Mittwoch, 14. August 2013

"Rosario Smowing" ist eine Retro-Swing-Band. Mit schwarzen Anzügen, messerscharfen Bügelfalten, vor allem aber einem charismatischem Sänger und großem Können brachte sie sogar ein eher lahmes Publikum auf ihre Seite.
An der Posaune: Adrian Fluck


Swing? Das war irgendwas für die Großvätergeneration, mag im durchschnittlichen Pop-Gehirn in einer Erinnerungs-Schublade ganz hinten lagern, so Glenn Miller und später Max Greger, Musik zum Fernsehballett und so was. Doch dass eine "Swing-Jugend" von den Nazis einst verfolgt wurde, dass diese Jazz-Spielart ekstatische Tänze lange vor dem Rock 'n' Roll hervorbrachte und zur Lieblingsmusik der Jugend mit einer eigenen Kultur wurde - lang ist's her und kaum präsent.

Aber halt. Seit einigen Jahren gibt es ein kleines Revival, Retro-Swing genannt. Nicht mit sophisticated Big-Band-Akkuratesse gespielt, sondern näher an den Wurzeln, rauer, ursprünglicher, auch in viel kleinerer Besetzung.

Die Squirrel Nut Zippers wären da zu nennen, das Brian Setzer Orchestra nebst etlichen andern; das New Yorker Putumayo-Label hat bereits vor einigen Jahren eine schöne CD "Swing Around The World" veröffentlicht mit Beispielen von Bulawayo bis New Orleans.

Und auf diese Scheibe hätte die scharfe Truppe gut gepasst, die am Dienstagabend gegen ein eher indifferentes Publikum kämpfte und zum Schluss zumindest große Teile davon auf ihre Seite zog. Wahres musikalisches Heldentum! Dabei gab das Oktett aus der argentinischen Metropole Rosario, ganz klassisch mit Rhythmusgruppe, Gitarre, Keyboard, Saxophon/Klarinette, Posaune, Trompete besetzt, alles. Das heißt, zwei Trompeten. Denn neben Sergio Peresutti, der sich eher zurückhaltend gab, hatte Sänger und ganz offensichtlich Bandleader Diego Javier Casanova ein solches Instrument neben dem Mikrofonständer stehen.

Und dieser Casanova ist einen eigenen Absatz wert, weil: nomen est omen! Nicht mehr jung, nicht gerade hünenhaft groß gewachsen, ist der ehemalige Punkrock-Sänger ein Energiebündel, ein Macho, der von der schluchzenden Liebesbeteuerung bis zur hüftwackelnden Offbeat-Ekstase alles drauf hat. Leider versteht man von den spanischen Texten so gut wie nichts, allenfalls so etwas wie "tristeza" weht von den übrigens hervorragend ausgesteuerten Boxen herunter. Denn auch die typisch lateinamerikanischen Boleros, schmachtende Lieder in langsamen Tempi um Liebesleid und -schmerz, fehlen nicht im "Rosario"-Repertoire.

Allerdings hätte man sich stattdessen noch mehr federnden Swing gewünscht, mit fetten Bläsersätzen, effektvoll gesetzt ohne große solistische Eskapaden, mit einer geradezu hysterischen Trompete Casanovas. Eine Profitruppe sind diese Argentinier, die jeden Tempowechsel hinbekommen, die Tradition mit mehr als einer Prise Ska, mit Salsa erweitern. Wenn am Ende der Sänger im Unterhemd brünstig auf der Bühne brüllt, die Bläser durchs Publikum marschieren, dann weiß man: Swing lebt. Nur eins gab es von den Argentiniern nicht. Tango war bis auf ein astorpiazzolleskes Intro nicht zu hören.

Das komplette Festival-Programm gibt's im Netz unter http://blues-jazz-festival-2013.mybamberg.de/programm und auf Papier an den Konzertorten.