An der Metzgertheke ist derzeit ein Grundgesetz der Marktwirtschaft zu beobachten: Knappe Güter werden teurer. Das Rindersteak können sich nur noch Besserverdiener leisten.
Die Rindfleischpreise in Deutschland klettern von Rekordhoch zu Rekordhoch. Die Schlachtpreise für Jungbullenfleisch haben mittlerweile die Schwelle von 7 Euro je Kilogramm überschritten, nachzulesen in amtlichen bayerischen Daten ebenso wie bei der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch (VEZG) in Oldenburg. Im Vergleich zum Sommer 2023 ist das ein Preisanstieg von gut 50 Prozent, weit über der allgemeinen Inflationsrate. Die Verbraucherpreise beim Metzger und im Supermarkt sind noch um ein Vielfaches höher, Kilopreise von vierzig bis über fünfzig Euro für Rindersteak von guter Qualität sind keine Ausnahme.
Bauern geben auf
Woran liegt's? «Die Entwicklung lässt sich mit dem Rückgang der Rinderbestände erklären», sagt Tim Koch, Bereichsleiter Fleischwirtschaft bei der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) in Bonn. «Die gehen jedes Jahr um zwei, drei, vier Prozent zurück. Viele Höfe machen zu, es gibt oft keine Betriebsnachfolger.»
In Zahlen: Im Mai 2015 hielten die deutschen Bauern nach Daten des Statistischen Bundesamts noch 12,6 Millionen Rinder, im Mai dieses Jahres waren es nur noch 10,3 Millionen. Zwangsläufig werden daher auch weniger Rinder zur Schlachtbank geführt. In der Bundesrepublik wird zwar keineswegs nur heimisches Fleisch verzehrt, doch sinken die Rinderzahlen auch in anderen europäischen Ländern. «Die Nachfrage nach Rindfleisch ist in den vergangenen Jahren ebenfalls zurückgegangen, aber das Angebot an Schlachttieren ist knapper geworden», sagt Koch.
Blauzungenkrankheit verschärfte die Entwicklung
Verschärft wurde die Teuerung bei Rindfleisch und Milchprodukten zeitweise durch eine - für Menschen ungefährliche - Tierseuche, die seit Herbst 2023 ihren Weg durch die Ställe nahm: die Blauzungenkrankheit. Der Erreger befällt neben Rindern auch Schafe und Ziegen. Von Mai 2024 bis Ende April 2025 zählte das bundeseigene Friedrich-Löffler-Institut 17.854 Blauzungeninfektionen, mittlerweile ist der Höhepunkt überschritten.
«Insgesamt verzeichnen wir dieses Jahr deutlich weniger Fälle, da bereits im letzten Jahr viele Tiere betroffen waren», sagt eine Sprecherin. «Die natürliche Durchseuchung und starke Impfbereitschaft in allen Bundesländern haben die potenziell empfänglichen Tiere stark reduziert».
Übertragen wird die Blauzungenkrankheit von Gnitzen, einer weltweit verbreiteten Familie sehr kleiner Mücken. Diese sind üblicherweise im September und Oktober besonders aktiv. «Bis Ende Oktober ist noch mit einigen neuen Fällen zu rechnen, aber die Fallzahlen werden bei weitem nicht das Niveau vom letzten Jahr erreichen», sagt die Biologin.
Trendwende nicht erkennbar
Doch der Rückgang der Blauzungeninfektionen geht nicht mit einem Ende der Teuerung einher. Denn an den Fundamentaldaten hat sich nichts geändert: Weniger Bauern halten weniger Rinder. Der Beruf des Rinderhalters scheint so unattraktiv geworden zu sein, dass nicht einmal die hohen Preise daran etwas ändern.