Berlin: Influencer nach Silvesterraketen-Schuss auf Bewährung - "Kann jedem passieren"
Autor: Agentur dpa
Berlin, Donnerstag, 10. April 2025
Ein Feuerwerksvideo eines Influencers führt zu einem umstrittenen Gerichtsprozess in Berlin-Neukölln. Das Gericht hat jetzt entschieden, wie es mit dem jungen Mann weitergeht.
Update vom 10.4.2025: Nach Raketenschuss in Wohnung - Bewährungsstrafe für 23-Jährigen
Die Erleichterung ist dem Influencer deutlich anzumerken: Nach mehr als drei Monaten in Haft ist der 23-Jährige ein freier Mann. Sein verhängnisvoller Silvesterbesuch in Berlin ist mit dem Urteil des Landgerichts abgeschlossen. Die Richter verurteilen ihn für seinen Raketenschuss in eine Wohnung wegen Sachbeschädigung zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten und heben den Haftbefehl auf.
Damit kann Atallah Younes Deutschland verlassen - was er auch ankündigt, zu tun. "Ich gehe nun nach Hause zu meiner Familie", sagte der 23-Jährige nach der Urteilsverkündung auf Englisch in die Kameras der zahlreichen Journalisten. Zugleich betonte er erneut, dass ihm der Vorfall sehr leid tue. Er entschuldige sich bei den Menschen in dem Haus.
Der Fall hatte seit dem Jahreswechsel für Schlagzeilen gesorgt, auch beim Prozess war der Medienandrang groß. Die Staatsanwaltschaft warf Younes versuchte schwere Brandstiftung, versuchte gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung vor und forderte eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Er habe das Feuerwerk in der Silvesternacht gezielt gezündet und in Kauf genommen, dass dieses einschlägt und explodiert. Der 23-Jährige habe in Kauf genommen, dass Menschen zu Schaden kommen, so Staatsanwalt Tobias Dettmer.
Dass es nicht zu einem Feuer in der Wohnung in Berlin-Neukölln gekommen sei, sei ein Zufall gewesen. Anschließend habe Younes ein Video von der Aktion auf seinem Instagram-Account mit mehr als 310.000 Followern veröffentlicht. Das Gericht überzeugte diese Argumentation nicht. Der Angeklagte habe davon ausgehen dürfen, dass die Fenster in dem Wohnhaus halten, erklärte der Vorsitzende Richter Raphael Neef. Das Gericht stütze sich dabei auf Aussagen einer Brandsachverständigen. Ein Vorsatz lasse sich damit nicht beweisen.
Gleichwohl sei das Verhalten des 23-Jährigen rücksichtslos und gefährde die Allgemeinheit, so Neef. Auch das Posten des Videos kritisierte er. Mit seinem Urteil folgte das Gericht in wesentlichen Punkten dem Antrag der Verteidigung. Anwalt Axel Czapp hatte betont, man könne dem Angeklagten keinen Vorsatz unterstellen. Sein Mandant sei davon ausgegangen, dass das Feuerwerk in den Himmel gehe. Der Staatsanwaltschaft warf er vor, sich vorschnell darauf festgelegt zu haben, dass der Influencer "Tod und Verderben in Kauf genommen habe, um Reichweite zu erzielen".
Die Aufnahme auf dem Instagram-Account wurde laut Staatsanwaltschaft mehr als sechs Millionen Mal binnen kurzer Zeit aufgerufen. Nach mehr als 36 Stunden war sie gelöscht. Nutzer auf der Plattform X hatten den Mitschnitt jedoch weiterverbreitet. Viele Menschen verurteilten die Aktion. Younes selbst veröffentlichte einen Beitrag, in dem er sich bei den Betroffenen entschuldigte.
Zu dem Treffen mit dem Wohnungsinhaber war es wenige Stunden nach dem Vorfall gekommen. Der 54-Jährige erklärte als Zeuge im Prozess, der Angeklagte habe im Beisein von mehreren Freunden um Entschuldigung gebeten. Er habe ihm verziehen, so der 54-Jährige. "Ich habe mich gefreut, dass er sich entschuldigt hat." Nach dem Besuch sei er nicht mehr von Absicht ausgegangen. "Es kann jedem passieren."