Prozess gegen Todesfahrer von Magdeburg beginnt
Autor: dpa
, Montag, 10. November 2025
Der Anschlag dauert gut eine Minute. Sechs Menschen sterben, über 300 werden verletzt. Fast ein Jahr später steht der Täter vor Gericht - in einem der größten Prozesse der Nachkriegsgeschichte.
Fast elf Monate nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt kommt der 51 Jahre alte Todesfahrer vor Gericht. Die Anklage wirft Taleb al-Abdulmohsen unter anderem Mord an sechs Menschen und versuchten Mord in 338 Fällen vor. Rund 180 Betroffene und Hinterbliebene treten als Nebenkläger auf, vertreten durch etwa 40 Anwälte. Es ist eines der größten Verfahren der deutschen Nachkriegsgeschichte. Damit alle Betroffenen teilnehmen können, wurde eigens ein Interims-Gerichtsgebäude errichtet.
Die Tat - Eine Minute und vier Sekunden
Am 20. Dezember 2024 fährt der damals 50 Jahre alte Taleb al-Abdulmohsen mit einem 340 PS starken Mietwagen über den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Seine Fahrt dauert laut Generalstaatsanwaltschaft Naumburg eine Minute und vier Sekunden. Mit bis zu 48 Kilometern pro Stunde ist er zwischen Marktbuden unterwegs, Tempo 27 wurde als Durchschnittsgeschwindigkeit ermittelt.
Der Täter konnte zwischen einer Fußgängerampel und einer Betonblocksperre auf den Weihnachtsmarkt gelangen. Die fehlerhaft positionierten Betonblöcke und die ungesicherten Lücken spielen später in der Aufarbeitung in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss eine wichtige Rolle. Gleich nach der Tat wird al-Abdulmohsen festgenommen und kommt in U-Haft. Gutachten zeigen später, dass er nicht unter Einfluss von Alkohol oder Drogen stand.
Die Opfer
Bei dem Anschlag werden sechs Menschen getötet: fünf Frauen im Alter von 45 bis 75 Jahren sowie ein neunjähriger Junge. Zudem werden mehr als 300 Menschen verletzt oder traumatisiert. Sie kommen nicht nur aus Sachsen-Anhalt. Unter den Betroffenen des Anschlags sind nach Angaben des Bundesopferbeauftragten Menschen aus fast allen Bundesländern. Einige kommen auch aus dem Ausland wie etwa Spanien, USA und Großbritannien.
Die Opfer und Hinterbliebenen haben das Recht, als Nebenkläger am Prozess teilzuhaben. So können sie etwa Fragen stellen und am Ende auch einen Strafantrag stellen. Die Nebenkläger können zu den Verhandlungstagen kommen, sie müssen es aber nicht.
Der Angeklagte
Taleb al-Abdulmohsen stammt aus Saudi-Arabien. Vor der Todesfahrt war er im Maßregelvollzug in Bernburg (Salzlandkreis) als Arzt tätig. Sein Aufgabengebiet umfasste die psychiatrische Betreuung von Straftätern auf drei Stationen. Anfang Februar war bekanntgeworden, dass sich ein Kollege ein paar Monate vor dem Anschlag Sorgen um die Verfassung von al-Abdulmohsen machte und diese Hinweise auch an Vorgesetzte weitergab.
Auch mehrere Sicherheitsbehörden befassten sich immer wieder mit dem Angeklagten - er war aber als Gegner von Islamisten letztlich durch alle Raster gefallen.