Prächtige Krimikomödie am E.T.A.-Hoffmann-Theater
Autor: Rudolf Görtler
Bamberg, Sonntag, 23. November 2014
Mit Robert Thomas' "Die acht Frauen" ist dem Team des E.T.A.-Hoffmann-Theaters eine tolle Inszenierung gelungen - "nur" eine Krimikomödie, die aber die Intelligenz nicht beleidigt.
Als 1962 der Kabarettist Wolfgang Neuss per Zeitungsanzeige verriet, wer der Mörder im Durbridge-Fernsehkrimi "Das Halstuch" war, brachte ihm das Morddrohungen und in der Bild-Zeitung die Titulierung "Vaterlandsverräter" ein. Um derlei oder wenigstens empörte Leserbriefe zu vermeiden, soll hier der Mörder nicht genannt werden. Bzw. die Mörderin. Bzw. das völlig überraschende Ende eines als klassische Krimikomödie angelegten Stücks.
Dieser Schluss verstörte wohl das ungewöhnlich zahlreich erschienene Premierenpublikum so, dass der Applaus nicht überschwänglich ausfiel, was diese Inszenierung durchaus verdient hätte.
Selten hat man ein so rundes Zusammenspiel von Regie, Ensemble, Bühnenbild, Kostümen und Musik gesehen wie in den "Acht Frauen" des französischen Autors Robert Thomas, uraufgeführt 1961, lange vergessen und erst seit François Ozons Film von 2002 wieder auf den Bühnen zu sehen.
Klassische Detektivgeschichte
Es ist eine Konstellation, die ganz klassischen Mustern des Detektivromans vor allem à la Agatha Christie folgt. Ein eingeschneiter großbürgerlicher Landsitz wird zur klaustrophobischen Hölle, als der Hausherr Marcel - den wir niemals sehen werden - eines Morgens mit einem Messer im Rücken gefunden wird, mausetot. Schnell kristallisiert sich heraus, dass es eine der anwesenden sieben Frauen gewesen sein muss (die achte stößt später dazu), und das Spiel mit Verdächtigungen und Beleidigungen beginnt, psychische Abgründe tun sich auf, hinter der bürgerlichen Fassade verborgene geheime Leidenschaften und profane Instinkte wie Geldgier, Hass und Neid gären vor sich hin. Die Entlarvung dieser Familie kommt subtil - man ist so lange moralisch, wie die Geldbörse voll ist. +
Regisseur Peter Kesten setzt ganz auf Interieur und Wertesystem der Zeit, und er hat gut daran getan. Aus 50 Jahren Abstand betrachtet, wirken diese Skandale und Irritationen wie aus einer anderen Welt. Und sorgen für Heiterkeit. Da ist die freche 15-Jährige, die Kriminalromane liest, ein Dauerärgernis. Die unverheiratete Mutter, ein Skandal allererster Güte. Homosexuelle sind "Invertierte", die einer Behandlung bedürfen. Die frustrierte alte Jungfer gibt es als Sozialcharakter gar nicht mehr, ebensowenig wie die armen Verwandten, die zum Zwecke der Versorgung Aufnahme finden.
Ein Extralob der Musik
Auch das Bühnenbild (Jens Hübner) passt mit Familienfoto an der Wand, Standuhr und Salonmöbeln ganz hervorragend zum Stück. Ganz besonders soll diesmal die Musik (von Anna Schlegel) mit Rundumbeschallung im Zuschauerraum gelobt werden. Sie ist angelehnt an die Suspense-Filmmusik der sechziger Jahre, niemals grell, oft überraschend, ein natürlich elektronischer Mix oft mit Harfe im Vordergrund, dann wieder ein Blechbläser-Tusch, schön abgestimmt mit der Beleuchtung.
Doch was wäre das alles ohne die Schauspielerinnen! Klar ist alles genregemäß überdreht, typisiert, ein Spiel mit den Klischees. Das ist eben die Komödie im Krimi! Wir erleben eine herrische Hausherrin Gaby (Iris Hochberger) mit Geliebtem, eine als "Hexe mit alkoholtriefenden Augen" beschimpfte Oma Mamy (Karin M. Schneider), eine wunderbare und selten so komisch gesehene Augustine (Nadine Panjas), die energische Susanne (Ulrike Schlegel) im Schottenrock, eine gewaltig aufspielende Elena Weber als Catherine, eine mütterliche Madame Chanel (Eva Steines), die ob ihrer lesbischen Neigungen zu Pierette (Verena Ehrmann) dann gar nicht mehr so mütterlich wirkt, und die im geschlitzten Dienstmädchenkostüm wie ein Gestalt gewordener Männertraum durch die Szenerie stöckelnde Louise (Sybille Kreß). Acht Frauen, die wie Satelliten um den einen Mann kreisen. Nur - wer's war, das wird nicht verraten.
Termine und Karten
Weitere Vorstellungen 23., 29./30. November, 6., 10.-13., 18./19. Dezember, 23./24. Januar Dauer ca. 140 Minuten, eine Pause Karten unter Tel. 0951/873030, E-Mail kasse.theater@stadt.bamberg.de