Opernhaus Nürnberg: Dürfen Frauen fremdgehen?
Autor: Monika Beer
Nürnberg, Mittwoch, 23. Januar 2019
Die Geschwister Pfister entern das Opernhaus Nürnberg mit Paul Abrahams Operette "Ball im Savoy". Für ihre beschwingte Travestie werden mit sie großem Jubel belohnt.
Spätestens wenn die fünfte Jahreszeit naht, sieht man den Spielplänen an, dass die Intendanten dafür gerne in der Operetten- und Musicalkiste gekramt haben. Schließlich gilt es, das Programm mit Musiktheater aufzupeppen, das heiter, unterhaltsam und mitreißend ist.
Am Staatstheater Nürnberg ist das jetzt mit Paul Abrahams Revue-Operette "Ball im Savoy"- was schwer genug ist - ziemlich gelungen. Aber eben nicht ganz.
Dass das Ende 1932 uraufgeführte dritte abendfüllende Werk des ungarisch-jüdischen Komponisten es damals nicht mehr ins operettenselige Haus am Richard-Wagner-Platz schaffte, liegt auf der Hand: Drei Monate nach der Premiere wurde der ironische Aufguss der "Fledermaus"-Handlung abgesetzt und verboten. Der jazzige "Ball im Savoy" fand keinen prominenten Fürsprecher unter den Nazis - anders als Leon Jessels "Schwarzwaldmädel", wie die noch bis 3. Februar sehenswerte Ausstellung "Hitler. Macht. Oper" im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände zeigt.
Chargieren und Changieren
Die jetzige Nürnberger Erstaufführung lässt die Rezeptionsgeschichte links liegen und zeigt das Stück als ein Spiegelbild der noch unbeschwerten, freigeistigen und freizügigen Goldenen Zwanziger im Berlin der Weimarer Republik - und nicht in einem Grandhotel Nizza, wie es im Libretto von Alfred Grünwald und dem in Auschwitz ermordeten Fritz Löhner-Beda steht (Bühne: Timo Dentler, Okarina Peter; Kostüme: Heike Seidler).
Regisseur Stefan Huber interessiert sich weniger für den Exotismus einiger Protagonisten und mehr für das Chargieren und Changieren der Geschlechter. Die Frage, warum der Mann fremdgehen darf und die Frau nicht, wird am Beispiel des nach einjähriger Hochzeitsreise zurückgekehrten Aristokratenpaars durchaus emanzipatorisch durchdekliniert.
Sprich: die Rollenbilder werden auf den Kopf gestellt. Und dank eines Besetzungscoups funktioniert das Crossdressing-Konzept.
Eine Menge barer Unsinn
Denn in Nürnberg treten die längst im Operettenfach angekommenen Comedy- und Travestiestars Geschwister Pfister auf. Zwei der drei sind schlichtweg eine Wucht: Christoph Marti als Jazzkomponistin Daisy Parker alias Pasodoble und Andreja Schneider als Mustapha Bei.