Der AfD-Nachwuchs in Nordrhein-Westfalen steht ab jetzt unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Nordrhein-Westfalens Innenminister Reul sieht bei der Jungen Alternative rechtsextremistische Tendenzen.
Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz hat die Jugendorganisation der AfD, Junge Alternative (JA), in NRW als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. «Es liegen verdichtete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Junge Alternative nicht nach demokratischen Spielregeln spielt, sondern das eigene rechtsextremistische Regelwerk vorzieht», teilte Innenminister Herbert Reul (CDU) am Dienstag mit. Der NRW-Verfassungsschutz beobachte daher von jetzt an die Junge Alternative.
Die AfD sprach dagegen von «Unterstellungen und Mutmaßungen». Die Vorwürfe würden nun genau geprüft, teilte ein Sprecher der Düsseldorfer Landtagsfraktion mit. Der Generalsekretär der NRW-SPD, Frederick Cordes, warf der AfD dagegen vor: «Der bürgerlich-konservative Anstrich war nie mehr als eine notdürftige Maske.»
Laut Reul ist der Landesverband der JA NRW seit 2019 ideologisch auf den politischen Kurs des Bundesverbands der Jungen Alternative eingeschwenkt. Dieser zeichne sich durch ein «völkisch-ethnisches Volksverständnis und Fremdenfeindlichkeit» aus. Ebenso vertrete die JA NRW Positionen, die die Menschenwürdegarantie verletzten. Dabei trete insbesondere das Ziel zutage, Menschen mit Migrationsbiografie und Muslime auszugrenzen und verächtlich zu machen.
Werbung für die «Identitäre Bewegung»
In den vergangenen Jahren habe sich die JA NRW zu einem Bestandteil der rechtsextremistischen Strömung der Neuen Rechten entwickelt, berichtete Reul. Der NRW-AfD-Nachwuchs werbe in den sozialen Medien etwa für die «Identitäre Bewegung» und deren Nachfolgeorganisationen wie «Lukreta», «Revolte Rheinland», «1 Prozent» und das «Institut für Staatspolitik».
Die NRW-Jugendorganisation der AfD biete außerdem Protagonisten der Neuen Rechten ein Forum. Auch seien in der JA NRW Personen mit rechtsextremistischer Biografie aktiv. Ein weiterer gewichtiger Anhaltspunkt sei die Nähe zum formal aufgelösten sogenannten Flügel der AfD-Bundespartei und dessen ideologischer Führungsperson Björn Höcke.
Bei einem Verdachtsfall liegen «hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte» für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor. Der Verfassungsschutz kann dann personenbezogene Daten auswerten und speichern und unter strengen Voraussetzungen nachrichtendienstliche Mittel einsetzen, also etwa observieren oder Informanten anwerben.
Am Oberverwaltungsgericht Münster ist aktuell ein Streit zwischen der AfD-Bundespartei und dem Bundesamt für Verfassungsschutz über die Einstufung der Partei als rechtsextremistischer Verdachtsfall anhängig. Der Bundesverband der AfD wehrt sich gegen ein Urteil aus erster Instanz. Im März 2022 hatte das Verwaltungsgericht Köln dem Verfassungsschutz bei der Einstufung der AfD als Verdachtsfall Recht gegeben. Auch der Bundesverband der Jungen Alternative will nicht länger als Verdachtsfall eingestuft werden.