Nicht "aussortiert" werden: Behinderte demonstrieren gegen Trisomie-Test als Kassenleistung
Autor: Agentur epd
Berlin, Mittwoch, 10. April 2019
Vorgeburtliche Tests auf Trisomien könnten bald zur Kassenleistungen werden. Im schlimmsten Fall, warnen Kritiker, werden dann überhaupt keine Menschen mit diesen Beeinträchtigungen mehr geboren. Befürworter argumentieren mit Gerechtigkeit
Am Donnerstag, 11. April, diskutiert der Bundestag über vorgeburtliche Gen-Tests. Einen Tag zuvor wurde breite Kritik an dem Verfahren laut. Am Mittwoch demonstrierten rund 150 Aktivisten und Menschen mit Behinderung in Berlin für "Inklusion statt Selektion". Auch Politiker und Verbände sehen eine mögliche Aufnahme des Trisomie-Tests als Kassenleistung kritisch. Andere unterstützen die Idee - beispielsweise Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. In Unterfranken warnten die Eltern von zwei Betroffenen hingegen vor den Bluttests.
Auf der Demonstration in Berlin sprach neben anderen die Aktivistin Natalie Dedreux. Die Kölnerin lebt selbst mit dem Down-Syndrom. Im Jahr 2017 konfrontierte die heute 20-Jährige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der ARD-Wahlarena mit dem Thema Spätabbruch von Föten mit Down-Syndrom. Vor drei Wochen startete sie auf einem Online-Portal die Petition "Menschen mit Down-Syndrom sollen nicht aussortiert werden!", die bislang von mehr als 14.000 Menschen unterzeichnet wurde.
Darf Leben "aussortiert" werden?
"Mein Leben mit Down-Syndrom ist cool", sagte sie in ihrer Rede. In Deutschland müsse es mehr Inklusion geben, betonte sie und berief sich auf Artikel 3 des Grundgesetzes. Dieser verbietet eine Diskriminierung aufgrund einer Behinderung.
An der Demonstration nahmen neben Menschen mit Down-Syndrom auch Menschen mit anderen Beeinträchtigungen teil, darunter Rebecca Maskos. Sie hat eine umgangssprachlich als "Glasknochenkrankheit" bezeichnete Erbkrankheit. "Ich will diese Tests ganz allgemein nicht", sagte sie. Heute ließen sich alle möglichen Beeinträchtigungen vor der Geburt erkennen. All diese Menschen könnten durch die Tests "aussortiert" werden. Es ginge darum, welches Menschenideal die Gesellschaft habe und ob auch hilfsbedürftige Personen akzeptiert werden.
Der Test, über den am Donnerstag im Bundestag debattiert wird, gibt über die Untersuchung des Blutes der werdenden Mutter mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Auskunft darüber, ob das ungeborene Kind eine Form der Trisomie hat. Darunter fällt beispielsweise das Down-Syndrom, bei dem das 21. Chromosom dreimal statt zweimal vorhanden ist.