Druckartikel: "Viele Glashütten stellen Betrieb ein": Nächstes Produkt wird zur Mangelware - das kommt auf Verbraucher zu

"Viele Glashütten stellen Betrieb ein": Nächstes Produkt wird zur Mangelware - das kommt auf Verbraucher zu


Autor: Sophia Mittelbach

Pfalz, Freitag, 25. März 2022

Aktuell stehen Supermarkt-Kunden regelmäßig vor leeren Regalen. Jetzt berichten Winzer vom nächsten Engpass. "Wegen der steigenden Energiepreise haben viele Glashütten den Betrieb eingestellt", sagt Kellermeister Andreas Bähr.
Fehlende Lieferungen und Materialengpässe machen Weingütern in Rheinland-Pfalz zu schaffen.


  • Lieferengpässe bei Glas und anderen Materialien treffen Winzer
  • Supermarkt-Verbraucher haben schon jetzt, generell mit gestiegenen Preisen zu kämpfen
  • Kellermeister erklärt, was neuer Mangel für Kunden bedeutet

Weinbaubetriebe, egal welcher Größe, haben dasselbe Problem: Aufgrund von Produktions- und Lieferschwierigkeiten fehlt es mittlerweile an Vielem, das für die Weinproduktion und vor allem für den Verkauf unerlässlich ist.

Winzer von Glashütten abhängig: Viele stellen den Betrieb ein

Momentan seien unter anderem Weinflaschen schwer zu bekommen, sagt Kellermeister Andreas Bähr von der Bähr Pfalztraube GmbH in Mußbach. "Die Herstellung von Glasflaschen ist extrem energieaufwändig. Wegen der steigenden Energiepreise haben daher viele Glashütten den Betrieb eingestellt", berichtet der Winzermeister

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Eine vom Weingut geplante zweite Sektabfüllung musste deshalb schon verschoben werden: "Mit der Abfüllung müssen wir nun warten, denn die dafür nötigen Flaschen sind aktuell nicht verfügbar." Ganz am Ende werde sich die aktuelle Mangelsituation auch in den Preisen niederschlagen, prognostiziert Bähr: "Die Preise bei der Glasproduktion sind um 30 bis 40 Prozent gestiegen, das sind pro Flasche 10 bis 12 Cent - das klingt erst mal nicht nach viel, wird aber trotzdem einen Rattenschwanz nach sich ziehen."

Von den gewohnten Flaschen auf aktuell einfacher verfügbarere Modelle zu wechseln, ist leider auch nicht so einfach. "Unsere ganze Logistik ist auf ein bestimmtes Flaschenmodell ausgelegt", erklärt Bähr. "Insbesondere bei Kartons, in denen die Flaschen stehend gelagert werden, hat man mit anderen Modellen dann sofort Probleme."

Logistische Herausforderung: Produktion auf bestimmte Flaschengröße ausgelegt

In der Massenproduktion, beispielsweise bei Bierflaschen, sei dies weniger problematisch. Doch Weinflaschen kommen in den verschiedensten Modellen - und diese jeweils noch in verschiedenen Größen. "Wir haben zum Beispiel die klassischen Schlegelflaschen", erklärt der Winzer, "doch allein die gibt es in drei verschiedenen Größen und unsere Logistik ist beispielsweise auf die Flaschen mit 33 cm Höhe ausgelegt." Ein Wechsel ist da nicht so einfach möglich. 

Auch Etiketten sind Bähr zufolge derzeit Mangelware. Dies stellt die Betreiber des Weinguts vor eine weitere logistische Herausforderung.  "Weil unsere eigentlichen Etiketten aktuell nicht lieferbar sind, mussten wir andere bestellen", erzählt Bähr.

Da die neuen Etiketten außerdem aus einem anderen Trägermaterial bestehen, sei noch fraglich, ob die Etikettiermaschine des Unternehmens damit überhaupt zurechtkommt. 

Lieferprobleme können sich auf den Verkaufspreis auswirken

Ein paar beruhigende Worte hat der Weingutbetreiber gleich vorweg: "In der Pfalz geht der Wein nicht aus" lacht Bähr. Dennoch werden die aktuellen Lieferprobleme Folgen haben. "Die Füllung zu verschieben ist kein Problem, Vorräte haben wir genug", sagt der Winzer. Bei anhaltenden Lieferschwierigkeiten könne aber ein "Ziehharmonika-Effekt" entstehen: "Wenn weiter Füllungen verschoben werden und dann wieder Flaschen da sind, muss alles auf einmal gemacht werden - und spätestens im September müssen die Tanks dann auch leer sein". 

Am Ende wird sich die Situation auch auf den Verkaufspreis auswirken. "Sowohl die Etiketten als auch die Flaschen sind bereits teurer geworden, hinzu kommen eventuelle logistische Zusatzkosten", sagt Bähr. Aufgrund der Lieferengpässe bei Glas und anderen Materialien werden wohl auch Verbraucher*innen für Wein bald tiefer in die Tasche greifen müssen.