Druckartikel: Neues Gutachten vom Verfassungsschutz: Droht der AfD das Parteiverbot?

Neues Gutachten vom Verfassungsschutz: Droht der AfD das Parteiverbot?


Autor: Gwendolyn Kaiser

Deutschland, Montag, 26. Februar 2024

Die AfD ist bisher als "Verdachtsfall" zu verfassungsfeindlichen Bestrebungen vom Bundesamt für Verfassungsschutz eingestuft. Nun soll der Verfassungsschutz eine neue Einstufung vorgenommen haben.
Der Verfassungsschutz bereitet ein neues AfD-Gutachten als "gesichert extremistische Bestrebung" vor.


Als "Prüffall" auf Rechtsextremismus wurde die AfD erstmals 2019 vom Bundesamt für Verfassungsschutz eingestuft. Zwei Jahre später wurde die Partei zum "Verdachtsfall" hochgestuft. Die Bemühungen der AfD, gerichtlich gegen die Einstufung vorzugehen, scheiterte zunächst, wie es in einer Pressemitteilung des Verfassungsschutzes heißt.

Bislang werden die Junge Alternative und die AfD-Landesverbände in Sachsen und Thüringen als "gesichert extremistische Bestrebung" vom Verfassungsschutz eingestuft. Doch bald könnte auch die Gesamtpartei als solche eingeschätzt werden. Nach Medienberichten arbeite der Verfassungsschutz diesbezüglich an einem neuen Gutachten. Könnte die Partei nun bald verboten werden?

Demonstrationen gegen Rechts: So kommt es zum Parteiverbot

Nach dem Geheimtreffen zwischen AfD-Funktionären und Rechtsextremisten, bei dem Deportationspläne geschmiedet wurden, waren bundesweit Demonstrationen gegen Rechts zu beobachten. Anfang Februar fanden 25.000 Teilnehmer in Nürnberg zusammen und setzten ein Zeichen gegen Rechtsextremismus.

Seither steht auch ein von den Demonstranten gefordertes Parteiverbot der AfD zur Debatte. Für die Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens müssen zwei Kriterien erfüllt sein: Zum einen muss eine verfassungsfeindliche Haltung vertreten sein und zum anderen muss diese Haltung in "aktiv kämpferische, aggressive" Weise umgesetzt werden.

Steht eine Partei also in Verdacht, die demokratische Grundordnung zielgerichtet beseitigen zu wollen und es liegen Beweise dafür vor, kann dies das Bundesverfassungsgericht auf Antrag prüfen und über ein Verbot entscheiden.

Neue Einstufung könnte Parteiverbot nach sich ziehen

Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung (SZ) befasst sich das Bundesamt für Verfassungsschutz seit Monaten schon mit einem neuen Gutachten zur Hochstufung der gesamten AfD als "gesichert extremistische Bestrebung". Dies ginge aus internen E-Mails und Vermerken des Inlandsgeheimdienstes hervor.

Video:




Diese neue Einstufung würde bedeuten, dass gezielte Aktivitäten seitens der AfD, die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie zu beseitigen, vorliegen. Da hiermit beide Kriterien für eine Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens erfüllt wären, könnte ein Antrag beim Bundesverfassungsgericht gestellt werden.

Im April 2024 war laut der SZ schon ein erster Entwurf der Gliederung des Folgegutachtens intern im Umlauf. Demnach enthalte das Schriftstück neben der Einschätzung von Rassismus und Autoritarismus innerhalb der Partei einen weiteren Punkt bezüglich deren "Verhältnis zu Russland".

AfD klagt gegen "Verdachtsfall"-Status des Verfassungsschutzes

Wie die SZ berichtet, sollte das neue AfD-Gutachten im Dezember 2023 fertiggestellt worden sein. Da im Frühjahr 2024 allerdings noch eine Verhandlung des Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster zur Berufungsklage der AfD aussteht, werde mit der Veröffentlichung noch gewartet.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die gesamte Partei im März 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft - eine Einschätzung, die rund ein Jahr später in erster Instanz durch das Verwaltungsgericht Köln bestätigt wurde.

Die AfD setzt sich dagegen juristisch zur Wehr. Das Verfahren beim OVG in Münster läuft noch. Das Gericht klärt Mitte März, ob Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Köln aus der Vorinstanz Bestand haben, wie die dpa berichtet.

Neues Gutachten durch laufendes Verfahren gebremst

Die Überlegungen des Gerichts in Münster sollten im neuen Gutachten noch "möglichst berücksichtigt werden", hieße es laut SZ in internen E-Mailverläufen des Verfassungsschutzes. Man wolle auf aufkommende Fragen seitens des Gerichts noch eingehen können.

Die Nachfrage der SZ zu den vorliegenden Informationen ließ das Bundesamt unbeantwortet: "Zu behördeninternen Arbeitsabläufen nimmt das BfV grundsätzlich keine Stellung. Damit ist keine Aussage getroffen, ob der Sachverhalt zutrifft oder nicht."

Üblicherweise prüft der Verfassungsschutz bei einem Verdachtsfall nach etwa zwei Jahren, ob sich der Verdacht erhärtet hat oder nicht. Im Fall der AfD ist allerdings zu erwarten, dass diese Entscheidung erst nach Abschluss des Gerichtsverfahrens fallen wird. Bereits die Einstufung als Verdachtsfall ermöglicht seiner Behörde den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. Dazu zählen unter anderem die Observation und das Einholen von Auskünften über Informanten aus der jeweiligen Szene. mit Material der dpa