Droht Gefängnis?
In der Hauptverhandlung der 11. großen Strafkammer geht es um gewerbsmäßigen Betrug in Tateinheit mit Steuerhinterziehung und mit strafbarer Werbung; auch Beihilfe zu diesen Delikten ist möglich. Allein für Betrug sieht das Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor, in besonders schweren Fällen sind bis zu zehn Jahre Gefängnis möglich.
Nach Angaben des Gerichts betrifft der Betrugsvorwurf insgesamt etwa neun Millionen Fahrzeuge. Durch den Verkauf in Europa und den USA stehe ein Vermögensschaden von mehreren Milliarden Euro im Raum.
Im selben Rahmen wie für Betrug bewegen sich die möglichen Strafen bei Steuerhinterziehung. Für strafbare Werbung sieht das Gesetz bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe vor. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Welche Urteile gab es bisher?
In den USA wurden vergleichsweise schnell Haftbefehle und Gefängnisstrafen verhängt. Langjährige Haftstrafen gegen frühere VW-Manager sind längst abgesessen.
In Deutschland wurde Ex-Audi-Chef Rupert Stadler im ersten strafrechtlichen Urteil in München wegen Betrugs zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung und einer Zahlung von 1,1 Millionen Euro verurteilt. Obwohl es dabei eine Verständigung gegeben hatte, legten die Verteidiger Revision ein.
Das erste große Betrugsverfahren in Braunschweig endete im Mai 2025 mit der Verurteilung von vier früheren VW-Führungskräften. Zwei müssen mehrjährige Haftstrafen antreten, zwei erhielten Bewährung. Der frühere Leiter der Dieselmotoren-Entwicklung etwa muss viereinhalb Jahre ins Gefängnis.
Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts in Niedersachsen wertete das Vorgehen als einen besonders schweren Fall des Betrugs und bezifferte den Schaden auf rund 2,1 Milliarden Euro. Die Verurteilten sehen sich als Bauernopfer und gingen ebenfalls in Revision. Rechtskräftig ist damit noch keines der deutschen Urteile.
Verfahren gegen die zweite Riege?
Schon beim ersten Betrugsprozess in Braunschweig war eine zentrale Kritik, dass der frühere Vorstandschef Martin Winterkorn nicht auf der Anklagebank saß. «Die Botschaft, hier zu sitzen ohne Herrn Winterkorn, ist eine Katastrophe», sagte damals ein Verteidiger. «Sich der Verantwortung für das eigene Handeln zu stellen, sieht anders aus», kritisierte ein anderer Anwalt. Auch die Staatsanwaltschaft legte Beschwerde ein.
Der Verfahrenskomplex gegen Winterkorn war kurz vor dem Auftakt im September 2021 aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt worden. Das separate Verfahren gegen ihn wurde 2024 bereits nach wenigen Verhandlungstagen wegen gesundheitlicher Probleme unterbrochen und später wegen Verhandlungsunfähigkeit vorläufig eingestellt.
In den wenigen Verhandlungstagen wies der von Operationen sichtbar gezeichnete Winterkorn jegliche strafrechtliche Verantwortung zurück. Der einstige «Mr. Volkswagen» widersprach den Vorwürfen gegen sich und sah seine erfolgreiche Karriere durch die Dieselaffäre beschädigt. Auch in seinem Fall gilt die Unschuldsvermutung.