Lauschangriff aus Russland: Deutschland mit offener Flanke
Autor: Carsten Hoffmann, dpa
, Montag, 04. März 2024
Läuft bereits ein Informationskrieg gegen Deutschland? Die Bundeswehr erweist sich als schlecht vorbereitet auf Abhöraktionen wie aus Russland. Die Regierung will nun weiteren Schaden verhindern.
In der Debatte um eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ist der russische Lauschangriff auf Offiziere der deutschen Luftwaffe wie eine Bombe geplatzt. Die Abhöraktion ist ein Stresstest für die Berliner Politik, das Militär und vielleicht auch für Kontakte zu wichtigen Verbündeten - ohne dass ein Erfolg Moskaus schon ausgemachte Sache wäre.
Im Gegenteil: Alle Ressorts der Bundesregierung betonen demonstrative Einigkeit. «Dieser hybride Angriff zielt darauf ab, Unsicherheit zu erzeugen und auseinanderzudividieren», warnte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.
Unter Hochdruck wird im Militärischen Abschirmdienst (MAD) an Schlüssen aus der für die Bundeswehr durchaus blamablen Panne gearbeitet. Auf dem Prüfstand sind die Kommunikationstechnik und das Verhalten der Beteiligten, um mögliche Lücken zu schließen, die den Angriff möglich gemacht haben.
Spionageabwehr wurde erst vor Kurzem verstärkt
Der Militärgeheimdienst selbst hat die Spionageabwehr erst jüngst wieder gestärkt und in seinem letzten Jahresbericht eingeräumt, eine frühere Entscheidung - die Zusammenlegung der Spionage- und Extremismusabwehr in einer Abteilung - habe sich als «nicht zielführend» erwiesen.
Logische Folge sei wieder eine Trennung in zwei eigenständige Abteilungen. Und mit Blick auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sei «die Stärkung der Spionageabwehr und Bekämpfung von Spionage und möglicher Sabotage dringlicher als je zuvor».
Prorussische Desinformationskampagne auf X
Erst im Januar deckte das Auswärtige Amt eine prorussische Desinformationskampagne auf der Plattform X, ehemals Twitter, auf. Mit 50.000 gefälschten Nutzerkonten in deutscher Sprache wurden Unmut über die Bundesregierung und Zweifel an der Ukraine-Hilfe geschürt. Binnen eines Monats wurden über den Jahreswechsel mehr als eine Million deutschsprachige Tweets abgesetzt.
Schon im vergangenen Jahr haben die deutschen Geheimdienste Warnungen vor russischer Spionage und vor sogenannten «hybriden Angriffen» verstärkt, bei denen Fakten mit Desinformation gemischt werden, um die öffentliche Meinung gezielt zu beeinflussen. Geraten wird zu mehr Vorsicht. Verbreitete Arbeitsweisen gehen allerdings in eine andere Richtung und für die Nutzung moderner und allgemein verbreiteter Telekommunikation war die Corona-Pandemie ein Tempomacher.