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MPU-Vorbereitungskurse: Experten mit Forderungen


Autor: Alexander Milesevic, Agentur dpa

Deutschland, Freitag, 31. Januar 2025

Vorbereitungskurse für die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) können bislang ohne jegliche Qualifikation angeboten werden. Auch in einem anderen Bereich müssen Anbieter keine Fachkenntnis nachweisen. Das soll sich jetzt ändern.
Ein "Gutachten der amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung" des TÜV Nord liegt auf einem Tisch.


Abzocke bei Seminaren zur Vorbereitung auf Fahreignungsprüfungen oder finanzielle Unterstützung für Hinterlassene von Verkehrsunfällen - um diese und andere Themen wird beim Verkehrsgerichtstag in Goslar diskutiert. Zahlreiche Fachleute fordern beispielsweise klare Richtlinien für Vorbereitungskurse zur MPU. Es bestünde ein "breites Feld an unseriösen und inkompetenten Vorbereitern mit 100-Prozent-Garantien und zweifelhaften Methoden", kritisiert der Auto Club Europa (ACE).

Der Verein fordert unter anderem eine Zertifizierung der Kursanbieter. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) plädiert zudem für eine Beratungspflicht. Verbindlich sind die Kurse selbst jedoch nicht. "Es muss möglich sein, die MPU auch ohne Kurs zu schaffen", hebt deshalb der Leiter der Unfallprävention bei der Björn Steiger Stiftung, Siegfried Brockmann, hervor.

MPU-Kurse laut Verkehrspsychologin nicht immer sinnvoll

Im Allgemeinen seien Vorbereitungskurse für eine MPU eine gute Sache - sowohl für die Beteiligten als auch für die Verkehrssicherheit, betont Yvonne Muffert von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie. Denn: "Für viele Menschen ist es schwer, sich alleine mit eigenen Fehlern zu beschäftigen."

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Es gebe jedoch auch Personen, die es schaffen, sich alleine oder mithilfe von Freunden und Familie auf eine MPU vorzubereiten, sagt Verkehrspsychologin Muffert. Bei Menschen mit einer Abhängigkeit oder einem Missbrauchsproblem wiederum brauche es meist eine richtige Therapie. Seriöse Anbieter von Vorbereitungskursen würden in der Regel zunächst ein Kennenlerngespräch führen, um dies festzustellen.

Zur Erinnerung: Zu einer MPU müssen Autofahrerinnen und Autofahrer, wenn ihnen die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Dies ist unter anderem der Fall, wenn sie acht Strafpunkte in Flensburg gesammelt oder Drogen konsumiert haben, erklärt ADAC-Chefjurist Markus Schäpe. Laut ADAC gibt es jährlich im Schnitt bis zu 100.000 medizinisch-psychologische Untersuchungen.

100.000 pro Jahr - wer muss zur MPU?

Nur wer die MPU erfolgreich besteht, erhält seinen Führerschein zurück. Die Untersuchung sei dabei kein Test, erklärt Verkehrspsychologin Muffert. Fachleute überprüfen dort demnach, ob es bei den Betroffenen eine nachhaltige Verhaltensänderung gibt. 

Über die Anordnung einer MPU und über Vorbereitungsmöglichkeiten zu erschwinglichen Preisen müssten Betroffene frühzeitig informiert werden, fordert ADAC-Chefjurist Schäpe. Dazu sei eine Onlineplattform denkbar, schlägt der ACE vor. Auch Christian Funk vom Deutschen Anwaltverein stimmt zu: Der Markt sei so groß, dass Betroffene ihn nicht überblicken können.

Wichtig sei, dass die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis nicht zu kompliziert ist, warnt Unfallforscherin Kirstin Zeidler vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass Betroffene sich einfach ohne Führerschein wieder ans Steuer setzen.

Verkehrsgerichtstag gibt Empfehlungen ab

Beim Verkehrsgerichtstag in Goslar sprechen Experten auch mehr Sicherheit für Fußgänger sowie die Cannabis-Regelungen im Verkehr. Der dreitägige Kongress gehört jedes Jahr zu den wichtigsten Treffen von Verkehrssicherheits- und Verkehrsrechtsexperten in Deutschland und endet mit Empfehlungen an den Gesetzgeber.

Neben der Qualität von MPU-Kursen diskutieren die Fachleute zudem über Standards für Kfz-Gutachter. Jeder, der das möchte, könne sich derzeit "Kfz-Sachverständiger" nennen, sagt Bernd Grüninger aus der Dekra-Geschäftsleitung. Das müsse sich ändern. Auch wegen immer komplexer und digitaler werdenden Autos benötige es ein einheitliches Berufsbild, ergänzt der Tüv Nord. Noch bestehe in diesem Bereich jedoch kein Problem, da es ausreichend Fachkräfte gebe, heißt es vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Am Samstag (25. Januar 2025) trat zudem eine neue Richtlinie des Vereins Deutscher Ingenieure in Kraft, die bundesweit einheitliche Standards für Kfz-Sachverständige sowie deren Gutachten vorsieht. Laut GDV wurden 2023 rund 9 Millionen Schäden für 30 Milliarden Euro reguliert.

ADAC fordert geringere Hürden für Hinterbliebenengeld

Zur Diskussion steht zudem das 2017 eingeführte Hinterbliebenengeld, das laut Experten meist bei etwa 10.000 Euro liegt. Das erhalten Ehepartner, Eltern und Kinder eines Menschen, der bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Vor Einführung des Hinterbliebenengeldes erhielten laut GDV Angehörige nur bei psychischen Schäden Geld.

Auch andere Angehörige können Geld bekommen, müssen aber aufwendige Nachweise erbringen, dass sie dem Verstorbenen nahe standen, wie der ADAC kritisiert. Diese Überprüfung sei unangemessen und müsse weniger ausführlich sein, fordert der ADAC. Auch eine höhere Summe bringt der Automobilclub ins Gespräch. Mit 10.000 Euro befinde sich Deutschland im europäischen Vergleich eher am unteren Ende, sagt ADAC-Chefjurist Markus Schäpe. Der Deutsche Anwaltverein ist bereits sicher: Der Betrag ist zu niedrig. Der Automobilclub von Deutschland hält ihn hingegen für angemessen.

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