Tusk setzt Merz bei Entschädigung unter Druck
Autor: Michael Fischer, Doris Heimann und Carsten Hoffmann, dpa
, Montag, 01. Dezember 2025
Die russische Bedrohung hat Deutschland und Polen enger zusammenrücken lassen. Es bleibt aber ein Problem aus der Vergangenheit, bei dem ein Einvernehmen weiter nicht in Sicht ist.
Polen drängt Deutschland zu einer schnellen Entschädigung der noch lebenden Opfer der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. «Beeilt euch, wenn ihr wirklich diese Geste machen wollt», sagte Polens Ministerpräsident Donald Tusk nach den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen in Berlin bei einer Pressekonferenz mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).
Der polnische Regierungschef verwies darauf, dass die Zahl der noch lebenden Opfer des Nazi-Terrors in seinem Land ständig zurückgehe. Als der damalige Kanzler Olaf Scholz im Juli 2024 diese Unterstützung versprochen habe, hätte es nach Angaben der Stiftung für deutsch-polnische Aussöhnung noch 60.000 lebende Opfer gegeben, mittlerweile seien es noch 50.000. Rechnet man das um, sind seitdem pro Tag mehr als 20 Opfer gestorben.
«Wenn wir hier nicht bald eine eindeutige und schnelle Erklärung bekommen, erwäge ich, im kommenden Jahr die Entscheidung zu treffen, dass Polen diese Bedürfnisse aus eigenen Mitteln befriedigt.» Mehr wolle er dazu zunächst nicht sagen.
Merz will «jetzt hier keine Summen nennen»
Merz wurde bei dem Thema nicht konkret. «Ich bitte um Verständnis, dass wir jetzt hier keine Summen nennen. Aber gehen Sie bitte davon aus, dass auch die ja von mir geführte Bundesregierung sich ihrer historischen Verantwortung gegenüber unserem Nachbarn Polen sehr bewusst ist und dass wir Gespräche auch weiter miteinander führen», sagte er lediglich.
Der Umgang mit den dramatischen Folgen der deutschen Besatzung Polens im Zweiten Weltkrieg ist ein Dauerthema in den Beziehungen beider Länder. Weiterhin stehen polnischen Reparationsforderungen in Billionenhöhe für die damals angerichteten Schäden im Raum, die zuletzt im September von Polens Präsidenten Karol Nawrocki bei seinem Antrittsbesuch in Berlin erhoben wurden. Sowohl Merz und als auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte diese Forderungen erneut zurückgewiesen.
Merz: «Die Vergangenheit hört nie auf»
Die Idee der sogenannten humanitären Geste an die Opfer kam bei den letzten Regierungskonsultationen in Warschau vor 16 Monaten auf, als die Ampel noch regierte. Ein konkreter Vorschlag wurde daraus aber nicht.
Merz bekannte sich auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Tusk zwar mehrfach zur deutschen Verantwortung für das die von Nazi-Deutschland angerichtete Leid und die Zerstörung in Polen. «Die Vergangenheit hört nie auf», sagte er, bekräftigte aber auch: «Die Frage nach Reparationen ist aus deutscher Sicht juristisch und politisch seit vielen Jahren abschließend beantwortet.»