Der Kanzler erklärt sich: «Kein Wechsel in Israel-Politik»
Autor: Theresa Münch, dpa
, Sonntag, 10. August 2025
Die humanitäre Situation im Gazastreifen wird immer katastrophaler. Merz wird für den Teilstopp von Rüstungsexporten nach Israel heftig kritisiert. Jetzt geht der Kanzler in die Offensive.
Schadensbegrenzung durch den Bundeskanzler höchst persönlich: Friedrich Merz hat öffentlich seine Israel-Politik erklärt und den in eigenen Reihen heftig umstrittenen Teilstopp von Rüstungsexporten verteidigt. «Die Grundsätze der deutschen Israel-Politik sind unverändert», betonte der CDU-Chef in einem Interview der ARD-«Tagesthemen». «Wir werden diesem Land auch weiter helfen, sich zu verteidigen.» Aber die Bundesregierung könne nicht Waffen liefern in einen Konflikt, der Hunderttausende zivile Opfer fordern könnte.
Elf Sätze - heftige Reaktionen
Für Merz ist es eine Flucht nach vorn - denn er war in den vergangenen Tagen in der eigenen Partei, in der Schwesterpartei CSU und auch in der Öffentlichkeit immer stärker unter Druck geraten. Der Auslöser: Elf Sätze, am Freitagmittag veröffentlicht. Die schwarz-rote Bundesregierung werde bis auf weiteres keine Exporte von Rüstungsgütern mehr genehmigen, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen könnten, erklärte Merz.
Der Kanzler begründete seine Entscheidung mit der israelischen Ankündigung, den Militäreinsatz in der Region ausweiten und die Stadt Gaza einnehmen zu wollen. Welche Rüstungsgüter genau nun nicht mehr geliefert werden sollen - und welche Auswirkungen das überhaupt in Israel haben könnte, blieb offen.
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) signalisierte sofort öffentlich seine Unterstützung. Aus der CSU und Teilen von Merz eigener Partei dagegen kam heftige Entrüstung: Mehrere Unionsabgeordnete sprachen von einem schweren Fehler. Außenpolitiker Roderich Kiesewetter schrieb auf X: «Die Glaubwürdigkeit unserer Staatsräson bemisst sich gerade an der Sicherheitskooperation und der Zusage, jüdisches Leben und den Staat Israel zu schützen.»
Die CSU beklagte, sie sei an der Entscheidung nicht beteiligt gewesen und halte sie für bedenklich. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann kritisierte: «Das wäre eine Abkehr von Jahrzehnten außenpolitischer Kontinuität gegenüber Israel und als solche zumindest erklärungsbedürftig.» Er kündigte an: «Wir werden dazu interne Gespräche in der Koalition führen.» Auch wenn sich Parteichef Markus Söder nicht offiziell äußert - so klar stellt sich die Schwesterpartei nur selten gegen den Kanzler.
In der Unionsfraktion im Bundestag zog man zudem die nächste Eskalationsstufe und vereinbarte eine Videoschalte der Außenpolitiker mit Merz' außenpolitischem Berater Günter Sautter.
Merz: Eine Freundschaft muss das aushalten
Noch vor dieser Aussprache suchte Merz nun selbst die Öffentlichkeit. Fernseh-Interviews des Kanzlers sind durchaus selten - zumal in der politischen Sommerpause. Das zeigt, die wichtig man die Auseinandersetzung im Kanzleramt nimmt.