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Mangel an Holz und Kohle: "Einige Menschen werden im Winter frieren" - Härtetest für Verbraucher


Autor: Melina Mark

Deutschland, Mittwoch, 19. Oktober 2022

Engpässe bei Festbrennstoffen: Händler*innen für Holz und Kohlebriketts kriechen auf dem Zahnfleisch. Aufgrund der gesteigerten Nachfrage nach Holz und Kohle, sind Händler*innen gezwungen, die Abgabemenge zu rationieren, die Preise zu erhöhen und Kund*innen wegen Lieferschwierigkeiten hinhalten zu müssen.
Händler*innen und Verbraucher*innen sind gleichermaßen verzweifelt. Können deutsche Kamine den Winter über befeuert werden?


In der Branche für Festbrennstoffe, zu denen etwa Holz und Kohlebriketts zählen, macht sich Verzweiflung breit. Aufgrund der gesteigerten Energiekosten sind Festbrennstoffe begehrt wie nie. Dies hat jüngst zu enormen Preissteigerungen und eingeschränkter Verfügbarkeit geführt.

"Ich musste die Abgabemenge bereits rationieren", sagt ein Kohlenhändler zum News-Portal Welt. Laut Raimond Senzel, dem Vorsitzenden des sächsischen Brennstoff- und Mineralölverbandes, sei die Lage sehr angespannt. Aber nicht nur in Sachsen hatte sich die Situation in diesem Jahr zugespitzt, sondern auch im Rest von Deutschland. "Die Händler haben bereits deutlich mehr Mengen verkauft als die letzten Jahre und haben nun auch keine Vorräte mehr", so Senzel.

Mehr als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr: Nachfrage deutlich größer als das Angebot

Schätzungsweise wurden 2022 40 Prozent mehr Briketts ausgeliefert als im Jahre 2021. Der Durchschnittsverbrauch der Abnehmer*innen ist von 300 Kilogramm pro Jahr auf zwei Tonnen angestiegen. Das deutet darauf hin, dass der Kamin nicht mehr nur an besonders kalten Tagen angeschürt wird, sondern auf Dauerbetrieb läuft.

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"Es ist ja fast ein Berufsverbot", sagt Kohlenhändler Jürgen Enze aus Leipzig. Auf seiner Internetseite steht bei nahezu allen Produkten "zurzeit nicht verfügbar". Es gebe seit August für einige Produkte einen Annahmestopp. "Ich habe viel bestellt, bekomme aber nur einen Bruchteil und muss meine Kunden immer wieder vertrösten. Es werden einige Menschen im Winter frieren, weil sie keine Kohle mehr bekommen." Er fürchtet um seine Existenz.

Ein Zentimeter Lausitzer Brikett kostete 2021 12.50 Euro. In diesem Jahr ist der Preis auf 22 Euro gestiegen. Im Internet wird die Ware teilweise mit deutlich überhöhten Preisen angeboten, die einige Menschen aufgrund der enormen Nachfrage auch zu zahlen bereit sind.

Rohkohle-Produktion derzeit mit Hauptfokus auf Stromversorgung

Tom Adametz vom Brennstoffhandel "Kohlen Sparen" in Grimma betonte, dass Rohkohle derzeit hauptsächlich für die Stromversorgung verwendet werde, und kaum noch für die Brikettherstellung. "Dabei bräuchten wir gerade jetzt in der Energiekrise und bei den extrem hohen Kosten für Gas deutlich mehr Kohle für die Öfen in den Wohnungen." Darunter leiden besonders Menschen mit einem geringen Einkommen, die teils in schlecht sanierten Wohnungen leben und auf einen Kohleofen angewiesen seien.

"Bei mir stehen die Kunden Schlange, aber ich musste die Abgabemenge bereits auf 500 Kilogramm pro Person rationieren", betonte Adametz. Mit der Menge könne man eine Weile über die Runden kommen, sie reiche aber auf gar keinen Fall für den ganzen Winter - gerade bei den Preisen.

Zwei Hauptursachen seien laut Verband für die Engpässe in puncto Festbrennstoffe verantwortlich. Das ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass Braunkohlebriketts für ganz Europa nur noch in der brandenburgischen Lausitz produziert werden. Zum anderen stellten viele Verbraucher*innen aufgrund der Teuerungen in Deutschland infolge des Ukraine-Kriegs auf Festbrennstoffanlagen um.

Ukraine-Krieg als Hauptursache der Engpässe - auch beim Holz

Senzel macht auch bei den Holzbrennstoffen die Kriegsfolgen verantwortlich. Etwa 30 Prozent der Importe mit Schwerpunkt Holzbriketts seien ausgefallen. Beispielsweise habe Bosnien als großer Holz-Exporteur seit Monaten ein Ausfuhrverbot für Brennstoffe aller Art.