Lindner: Kein Anlass für Vertrauensfrage
Autor: Jörg Blank und Christian Andresen, dpa
, Sonntag, 17. Dezember 2023
Auch wenn noch viele Fragen offen sind: Der FDP-Vorsitzende sieht die Ampel angesichts der schwierigen Haushaltskompromisse nicht wackeln. In der CDU köchelt die K-Frage auf.
FDP-Chef Christian Lindner sieht nach dem Kompromiss in der Haushaltskrise keinen Anlass für Zweifel am Rückhalt der Ampel für Kanzler Olaf Scholz (SPD) - trotz der Mitgliederbefragung seiner Partei zum Verbleib in der Regierung. «Der Haushalt 2024 steht, und der Kanzler muss keinen Zweifel an der Mehrheit für seine Regierung im Parlament haben», sagte der Bundesfinanzminister dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Eine Vertrauensfrage, wie von Unionsfraktionschef Friedrich Merz gefordert, müsse ein Kanzler nur stellen, wenn er sich seiner Mehrheit nicht mehr sicher wäre. Merz' Forderung gehöre «zum üblichen oppositionellen Bodenturnen».
In der Union köchelt unterdessen die Diskussion über die K-Frage weiter. Sie wäre sofort relevant, sollte die Koalition zerbrechen. Regulär findet die nächste Bundestagswahl im Herbst 2025 statt.
FDP-Chef: Mitgliederbefragung zur Ampel stresst nicht
Lindner sagte, das FDP-Mitgliedervotum stresse ihn nicht. «Denn es ist eine Gelegenheit, deutlich zu machen, dass die FDP die Richtung der Regierung mitprägt.» Die anderen Möglichkeiten - Lindner sprach von einem Eintritt der Union in eine SPD-geführte große Koalition oder einem Weitermachen von SPD und Grünen als Minderheitsregierung - seien «für unser Land sicher nicht die besseren Alternativen».
FDP-Vize Wolfgang Kubicki rief die Parteimitglieder auf, bei der Befragung gegen ein Ende der Ampel zu stimmen. «Ich rechne damit, dass es keine Mehrheit für einen Ausstieg aus der Regierung geben wird», sagte er der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten». «Denn allen sollte klar sein, dass wir in einen kommenden Wahlkampf kaum mit der Parole gehen können: Wir sind gescheitert, wählen Sie uns trotzdem.» Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr zeigte sich in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe zuversichtlich. Die FDP habe mit SPD und Grünen «vieles vorangebracht, was in einer Jamaika-Konstellation an der Union gescheitert wäre».
Die Online-Befragung der FDP-Mitglieder soll demnächst starten, wie ein Sprecher am Sonntag sagte. Das Ergebnis könnte die Diskussionen anheizen, hat aber keine unmittelbaren Konsequenzen: Laut Satzung sind die Parteiorgane nicht gezwungen, es umzusetzen.
2017 hatte FDP-Chef Lindner die Gespräche über eine sogenannte Jamaika-Koalition mit CDU und Grünen abgebrochen. Sein Satz «Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren» ging in die Geschichte ein. Auf die Frage, ob er in den vergangenen Tagen an diesen Spruch habe denken müssen, sagte Lindner am Sonntagabend in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin»: «Nein.» 2017 sei die FDP nicht in eine Regierung eingetreten, weil sie viele ihrer politischen Inhalte nicht habe umsetzen können. «Jetzt sind wir in eine Regierung eingetreten. Das ist ein fundamentaler Unterschied», erklärte Lindner. «Da geht man nicht einfach dann wieder, wenn man eingetreten ist, weil man ja die Konsequenzen bedenken muss für das Land, im Übrigen auch für Europa.» Die FDP präge zudem mehr politische Inhalte, als einer 11-Prozent-Partei zugetraut werden könne.
Sachsen-Regierungschef Kretschmer: Merz logischer Kanzlerkandidat
In der Unionsdiskussion sagte der sächsische Ministerpräsident und CDU-Vize Kretschmer der «Bild am Sonntag», Merz leiste als Parteichef «seit zwei Jahren hervorragende Arbeit, er hat die CDU wieder geeint und ist damit der logische Kanzlerkandidat». Er fügte hinzu: «Ich kenne ihn lange und traue ihm zu, das Amt des Bundeskanzlers deutlich erfolgreicher auszufüllen als derzeit Olaf Scholz.»