«Wortbruch»? Das Stromsteuer-Problem der Regierung
Autor: Andreas Hoenig, dpa
, Donnerstag, 26. Juni 2025
Die Kritik an der Entscheidung zur Stromsteuer ebbt nicht ab. Die Koalition gerät zunehmend unter Druck.
Bricht die neue Koalition ein zentrales Versprechen? Die Absage einer schnellen Stromsteuersenkung für alle bringt das schwarz-rote Regierungsbündnis unter Druck. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), die Senkung der Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß sei im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD eindeutig beschlossen. Er könne Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) nur davor warnen, an dieser entscheidenden Stelle einen Bruch des Koalitionsvertrags zu verursachen.
Breite Kritik
Ähnlich äußerten sich der Handelsverband Deutschland und der Verbraucherzentrale Bundesverband. In einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Schreiben an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) heißt es, die Entscheidung zur Stromsteuer sei ein «fatales Signal» und ein schwerer Vertrauensbruch gegenüber Millionen von Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland. Die Koalition dürfe private Haushalte nicht im Stich lassen.
Die Chefin des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, nannte die Entscheidung, Energie nur für Unternehmen billiger zu machen und nicht für die Verbraucher, ein absolut falsches Zeichen. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, sprach in der «Bild»-Zeitung von einem «Wortbruch».
Ankündigung im Koalitionsvertrag
CDU, CSU und SPD haben im Koalitionsvertrag angekündigt, die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß zu senken - und damit auch private Haushalte zu entlasten. Allerdings nennt Schwarz-Rot dafür keine Jahreszahl, sondern spricht von einer «Sofortmaßnahme»: «Dafür werden wir als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen und Netzentgelte reduzieren», heißt es wörtlich.
Die Stromsteuer für private Verbraucher liegt derzeit bei 2,05 Cent je Kilowattstunde (kWh). Das europäische Mindestmaß beträgt 0,1 Cent je kWh. Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft würde eine vierköpfige Familie mit einem typischen Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden dadurch 93 Euro im Jahr weniger zahlen. Die Senkung der Stromsteuer habe private Haushalte auch bei der steigenden CO2-Bepreisung entlasten sollen.
Eine Senkung würde zudem private Verbraucher nicht nur bei den Stromkosten entlasten, auch Wärmepumpen oder E-Autos könnten attraktiver werden.
Klingbeil verteidigt Entscheidung
Finanzminister Klingbeil sagte im Bundestag, alles, was im Koalitionsvertrag stehe, stehe unter Finanzierungsvorbehalt. Die Koalition sende dennoch sehr schnell ein erstes klares Signal, um die Energiepreise zu senken und sie wettbewerbsfähig zu gestalten. Geplant sind Entlastungen ab Januar.