Kontrollrat fordert mehr Praxis-Checks für bessere Gesetze
Autor: Anne-Beatrice Clasmann, dpa
, Donnerstag, 02. Oktober 2025
Eine «Deutschland-App» für Verwaltungsleistungen und weniger Eigeninteressen der Ministerien: Der Jahresbericht des Normenkontrollrats enthält auch Ermahnungen für die Bundesregierung.
Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hat die Bundesregierung für ihre großen Ambitionen beim Bürokratieabbau gelobt. Gleichzeitig fordert der Rat die Koalition in seinem aktuellen Jahresbericht auf, Gesetzgebungsverfahren in Zukunft radikal anders anzugehen als bisher. Nur so komme man zu Gesetzen mit geringem bürokratischem Aufwand, die gut umzusetzen seien, schreibt der NKR-Vorsitzende, Lutz Goebel, im Vorwort des Berichts des unabhängigen Gremiums.
Künftig sollte es aus Sicht des NKR-Vorsitzenden bereits in der «Frühphase» grundsätzlich einen Praxis-Check mit Experten aus der Verwaltung, von Unternehmen und Betroffenen geben. «Vielleicht merkt man dabei auch, dass gar kein Gesetz nötig ist.»
Als ein Beispiel für eine Entlastung der Verwaltung und die Beschleunigung von Prozessen, die sein Ministerium vorantreibe, nennt Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bei der Genehmigung von Infrastrukturprojekten. Am Ende soll aber, wenn es um die Genehmigung etwa von großen Verkehrsprojekten geht, immer noch ein Mensch entscheiden.
Praktiker und Betroffene früh einbeziehen
Der Expertenrat beklagt in seinem Bericht, der den Zeitraum Juli 2024 bis Juni 2025 umfasst, dass die Überprüfung gesetzlicher Regelungen im Dialog mit Menschen, die diese später anwenden sollen, bisher überwiegend erst nach Inkrafttreten eines Gesetzes stattfinde – wenn überhaupt.
Gutachter, Berater und Anwälte profitieren zwar, wenn gesetzliche Regelungen so überkomplex sind, dass sie von Hausbesitzern, Unternehmen und sogar teilweise von öffentlichen Auftraggebern nicht mehr durchblickt werden können. Doch selbst sie halten Vereinfachung an manchen Stellen für notwendig.
Doppelte Nachweispflicht
«In vielen Bereichen gibt es Doppelprüfungen» – etwa wenn die gleichen Prüfungen zur Umweltverträglichkeit erst für den Bebauungsplan und dann noch einmal für die Baugenehmigung verlangt würden, klagt der Vorsitzende des Ausschusses Verwaltungsrecht im Deutschen Anwaltverein, Thomas Lüttgau.
Das Vergaberecht, das die Vorschriften bei der Vergabe öffentlicher Aufträge regelt, sei inzwischen so kompliziert, dass selbst für die Formulierung der Ausschreibung schon anwaltlicher Rat eingeholt werden müsse, sagt der Kölner Fachanwalt für Verwaltungsrecht.