Koalition will Aufschwung und Reformen
Autor: Basil Wegener, Michael Fischer und Theresa Münch
, Donnerstag, 04. Sept. 2025
Nach einem Sommer mit viel Streit wollen sich Union und SPD auf Dinge konzentrieren, die Millionen Menschen betreffen - die Wirtschaft und das Soziale. Neue Spitzentreffen sind anvisiert.
Spitzentreffen mit der Industrie und zügige Sozialreformen sollen nach dem Willen der Regierungskoalition im Herbst Weichen für eine wirtschaftliche Erholung in Deutschland legen. Zugleich versprachen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), CSU-Chef Markus Söder und die SPD-Vorsitzenden Bärbel Bas und Lars Klingbeil nach einem Koalitionsausschuss in Berlin einen konstruktiven Umgang miteinander.
Angesichts von viel internem Streit in den ersten 100 Tagen räumten die vier Parteichefs von CDU, CSU und SPD Fehler ein. Nun will die Koalition nach Söders Worten «nach der Sommerdepression» eine «neue Herbst-Kraft» finden. Eine Liste mit mehreren Vorhaben, wie sie von manchen in der Koalition erwartet worden war, legten die Spitzen am Abend nicht vor.
Merz macht bei Bürgergeld Tempo
Merz und Bas hatten sich in den vergangenen Tagen mit Auftritten und Interviews einen Schlagabtausch zu den Sozialkosten geliefert. Nun betonten beide gemeinsame Ziele. Merz setzt auf eine von Bas als Sozialministerin vorbereitete Reform des Bürgergelds, für die allerdings noch weitere Beratungen der vier schwarz-roten Parteichefs vorgesehen seien. «Ich gehe davon aus, dass wir noch in diesem Jahr die wichtigsten Eckpunkte für eine solche Reform miteinander vereinbaren, so dass es dann auch zügig eine Reform des sogenannten Bürgergelds geben wird», sagte der Kanzler.
Merz betonte noch einmal, dass die Leistung dann zur «neuen Grundsicherung» werde. Missbrauch solle stärker unter Kontrolle gebracht werden. Die Menschen sollten verstärkt in den Arbeitsmarkt gehen oder dorthin zurückkehren.
Wie Bas sich Sparen beim Sozialen vorstellt
Zurückhaltend reagierte Bas auf Merz' Bürgergeld-Sparforderung von fünf Milliarden Euro vom Vortag. «Ich dämpfe immer die Erwartungen.» Denn: «Es ist abhängig davon, dass die Wirtschaft anzieht.»
Die SPD-Chefin begründete, warum der von der Koalition erhoffte Wirtschaftsaufschwung aus ihrer Sicht auch die Debatte um Einsparungen im Sozialen entschärfen würde. «Wenn wir 100.000 Menschen mehr in Arbeit bringen, dann macht das durchaus ein bis zwei Milliarden aus, die wir dann auch sparen», sagte Bas. Reformbedarf beim Bürgergeld habe sie im Übrigen nie widersprochen. «Mich muss man hier auch nicht zum Jagen tragen.»
Zum Versöhnungsbier
Noch am Tag vor dem Spitzentreffen im Kanzleramt hatte Merz Bas in einem Interview kritisiert, weil sie die Debatte um Kosten des Sozialstaats «Bullshit» genannt hatte. Während Merz den Sozialstaat in heutiger Form mehreren Äußerungen der vergangenen Tage zufolge für nicht mehr bezahlbar hält, hatte Bas wiederholt vor zu großen Hoffnungen auf Einsparungen durch Reformen gewarnt. In einem versöhnlichen Abendessen am Tag vor dem Koalitionsausschuss hätten sich Bas und Merz dann aber gut unterhalten und eine gemeinsame Zielsetzung abgesteckt, berichteten beide - und zwar laut Bas «bei zwei Bier».