SPD-Chef sieht große Bewährungsprobe für Koalition
Autor: dpa
, Donnerstag, 30. November 2023
Das Spitzentreffen der Ampel-Koalitionäre hat keinen Durchbruch gebracht. Noch immer ringt die Regierung um den Haushalt.
SPD-Chef Lars Klingbeil sieht die Ampel-Koalition wegen der Haushaltskrise vor ihrer bisher größten innenpolitischen Bewährungsprobe. Wenn man die internationale Situation abziehe, sei das «der größte Test auch, den die Ampel jetzt zu bestehen hatte», sagte Klingbeil in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Ich würde auch nicht drum herumreden wollen, das wird jetzt ruckelig die nächsten Wochen», sagte er voraus. «Aber ich bin am Ende optimistisch, dass wir den Haushalt auch hinbekommen. Wir haben einige Krisen schon lösen können, und das ist jetzt die nächste große Bewährungsprobe, die vor uns liegt.»
Die oppositionelle Union sprach der Regierung von Kanzler Olaf Scholz nach dem Spitzentreffen vom Mittwochabend die Handlungsfähigkeit ab. Allgemein fehle es an Führung, kritisierte CDU-Chef Friedrich Merz im «Frühstart» von RTL und ntv. Die Bevölkerung habe ein Recht darauf, dass die Regierung ihrer Arbeit nachgehe «und das tut sie im Augenblick nicht, weil sie sich permanent streitet und weil sie sich in den wesentlichen Fragen der deutschen Politik nicht einig ist», sagte der Partei- und Fraktionsvorsitzende. Die Koalition habe es nicht einmal geschafft, einen Zeitplan für die Verabschiedung des Etats für das Jahr 2024 festzulegen.
Keine Fortschritte im Ringen um nächsten Haushalt sichtbar
Tatsächlich sucht die Ampel-Koalition weiter nach Wegen aus der Haushaltskrise. Noch immer ist offen und umstritten, wofür der Bund im kommenden Jahr Geld ausgeben kann. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Umschichtung von Corona-Krediten in einen Fonds für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft für nichtig erklärt. Zugleich entschieden die Richter, der Staat dürfe sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre zurücklegen. Das reißt eine Milliardenlücke in die Planung für das kommende Jahr - und in die Finanzierung langfristiger Vorhaben der nächsten Jahre.
Für das kommende Jahr fehlen laut Finanzminister Christian Lindner (FDP) aktuell 17 Milliarden Euro. Dieses Loch entsteht nicht direkt durch die Streichung der 60 Milliarden im Klima- und Transformationsfonds, sondern weil auch andere Fonds von dem Urteil betroffen sind. Deswegen soll etwa auch für das Jahr 2023 eine Notlage erklärt und die Schuldenbremse ausgesetzt werden.
Baerbock hält an ambitioniertem Zeitplan fest
Außenministerin Annalena Baerbock erwartet, dass die Koalition den Haushalt für das kommende Jahr noch vor Silvester unter Dach und Fach bringt. In einer «Zeit, wo die Krisen übereinander einbrechen» müssten alle «deutlich machen: Demokratien sind stark, auch in maximalen Krisenzeiten», sagte die Grünen-Politikerin am Rande einer Konferenz in der nordmazedonischen Hauptstadt Skopje. «Deswegen werden wir alles dafür tun und werden wir es auch schaffen, dass wir nicht nur für dieses Jahr 2023, sondern auch für nächstes Jahr einen Haushalt auf den Weg bringen.»
Der Zeitplan ist ambitioniert, denn es gibt regulär nur noch eine Sitzungswoche des Bundestags vor Weihnachten. Davor müsste auch der Haushaltsausschuss seine Beratungen noch abschließen können. Die Beratung im Bundesrat wäre nur mit Fristverkürzung möglich.
SPD für erneute Ausnahme von Schuldenbremse 2024
Ein größeres Problem als der Zeitplan sind aber die politisch-inhaltlichen Einigungen. Debattiert werden unterschiedliche Sparmaßnahmen. Die FDP im Bundestag zum Beispiel forderte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zur Überprüfung des Bürgergelds auf. FDP-Sozialpolitiker Pascal Kober will, dass die für Anfang 2024 geplante Steigerung der Grundsicherung auf den Prüfstand kommt.