Wie soll das Bürgergeld verschärft werden?
Autor: Basil Wegener. dpa
, Donnerstag, 09. Oktober 2025
Erst vor knapp drei Jahren löste das Bürgergeld «Hartz IV» ab. Jetzt soll es schon bald Geschichte sein. Was ändert sich mit der geplanten neuen Grundsicherung?
Am Ende machten alle ein zufriedenes Gesicht. «Das Bürgergeld ist jetzt Geschichte», sagte CSU-Chef Markus Söder. Es werde der Vergangenheit angehören, kündigte Kanzler Friedrich Merz (CDU) an. Und Arbeitsministerin und SPD-Chefin Bärbel Bas bedankte sich für die Einigung - nun komme schnell ihr Gesetzentwurf. Was sich ändern soll - und warum auch die oberste Sozialdemokratin die Verschärfungen verteidigt:
Ändert die Grundsicherung das Bürgergeld komplett?
Der bisherige Name soll entfallen. Doch als Grundprinzip soll bestehen bleiben, dass mit den Arbeitslosen ein Kooperationsplan erstellt wird. «Der wird nicht verändert», versicherte Bas. Darin werden Rechte und Pflichten festgelegt. «Wir wollen die unterstützen, die Hilfe brauchen.» Eine höhere Kontaktdichte soll es bei Langzeitarbeitslosen geben. Alle Beziehenden von Leistungen sollen ein persönliches Angebot erhalten. Erst wenn gegen die Vereinbarungen mit dem Jobcenter verstoßen werde, sollten schärfere Regeln gelten. Betroffen sind rund 5,5 Millionen sogenannte Leistungsberechtigte.
Auf welche Verschärfung müssen sich Betroffene einstellen?
Wer einen Termin im Jobcenter ohne zwingenden Grund versäumt oder zum Beispiel einen vereinbarten Fortbildungskurs nicht besucht, bekommt dies nach den Plänen härter zu spüren. Dabei begrenzt ein Verfassungsurteil den Spielraum der Koalition: Demnach sind grundsätzlich nur Kürzungen von höchstens 30 Prozent zulässig, in Ausnahmefällen für Totalverweigerer können die Jobcenter strenger vorgehen.
Was droht künftig bei Terminversäumnissen?
Eine Abfolge von Sanktionen: Wenn man einen ersten Termin im Jobcenter versäumt, soll man sofort zu einem zweiten Termin eingeladen werden. Versäumt man auch diesen Termin, soll die 30-Prozent-Kürzung greifen. Beim dritten ungenutzten Termin sollen die Überweisungen komplett eingestellt werden. Kommt man auch im Monat darauf nicht, soll auch die Unterstützung zur Unterkunft gestrichen werden. Schwerwiegende Gründe wie Krankheit sollen aber mildernd berücksichtigt werden.
Gibt es weitere Sanktionsmöglichkeiten?
Ja. Eine komplette Streichung der Leistungen droht, wenn Menschen im Bürgergeld eine Arbeitsaufnahme verweigern. Bei der ersten sogenannten Pflichtverletzung soll es 30-Prozent-Kürzungen geben. Bei Arbeitsverweigerern soll gar kein staatliches das Geld mehr auf dem Konto landen: Mietzahlungen sollen dann direkt an die Vermieter fließen.
Wo will die Koalition noch eine Gerechtigkeitslücke schließen?
Bas kündigte an: «Wir machen die Grundsicherung auch aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger gerechter. Leistungen soll nur bekommen, wer auf sie angewiesen ist.» Dafür soll das Vermögen der Betroffenen früher herangezogen werden. Karenzzeiten sollen wegfallen, das Schonvermögen soll an die Lebensleistung geknüpft werden. Orientieren sollen sich die Behörden am Alter und den bisherigen Beitragszeiten. Auch bei «unverhältnismäßig hohen Kosten der Unterkunft» soll die Karenzzeit entfallen.
Was ist mit Bürgergeld-Missbrauch mit Schrottimmobilien?
Schon vor Monaten hatte Bas «mafiösen Strukturen» den Kampf angesagt. Nun sollen Missbrauch und Betrug schwerpunktmäßig bekämpft werden. Besserer Datenaustausch zwischen den Behörden und Schritte gegen die Vermieter sind vorgesehen. In den vergangenen Wochen hatten Fälle im mehreren Ruhrgebietsstädten für Schlagzeilen gesorgt, in denen überwiegend osteuropäische EU-Bürgerinnen und -Bürger in baufälligen Häusern untergebracht wurden. Für die Menschen sollen nur kleine Jobs angemeldet gewesen sein, Bürgergeld bekamen sie missbräuchlich. Darüber hinaus wurden zuletzt zehntausende Fälle mutmaßlicher Schwarzarbeit plus Bürgergeld in einem Jahr gemeldet.