Druckartikel: Kleists "Prinz Friedrich von Homburg" in Bamberg mit viel Slapstick

Kleists "Prinz Friedrich von Homburg" in Bamberg mit viel Slapstick


Autor: Rudolf Görtler

Bamberg, Sonntag, 20. März 2016

Robert Gerloff macht in Bamberg aus Kleists "Prinz Friedrich von Homburg" eine überladene Collage mit Slapstickeinlagen.
Prinz Friedrich von Homburg (Katharina Rehn, Mitte) mit der Kurfürstin (Iris Hochberger, li.) und Prinzessin Natalie (Pina Kühr) Fotos: Martin Kaufhold


Es ist schon erstaunlich, wie sich die Theatermaschinerie ausdifferenziert hat: Da erscheinen riesige Schriftprojektionen über der Bühne, da wabert im Hintergrund stets ein Soundtrack mit, da arbeitet eine raffinierte Tontechnik bewundernswert synchron mit den Schauspielern. Von den nahezu obligatorischen Videoeinspielungen ganz zu schweigen.
All dies verwendet Regisseur Robert Gerloff in seiner Inszenierung des "Prinzen Friedrich von Homburg" reichlich, ja schwelgerisch. Nur fragt man sich nach gut zwei Stunden ratlos: So what? Beziehungsweise gerhardpoltisch: Braucht's des? Nein, das braucht es nicht. All das Geklimpere, all die Gags sind überflüssig, Tand, Kleists Drama über Neigung und Pflicht, über Staatsräson und individuellem Gewissen aufgepfropft.
Klar lässt sich mit dem 200 Jahre alten Stück des unglücklichen Autors als Grundlage viel zusammenassoziieren, wenn der Tag lang ist, total überladen ist diese Inszenierung. Das fängt bei den Übertiteln mit Zitaten von Hegel (Achtung: preußischer Staatsphilosoph!) an und hört mit dem 68er-Ambiente der Berliner Kommune 1 auf der Bühne lange nicht auf. Womit schon der größte Missgriff dieses "Homburg" genannt wäre. Was hat das Preußen im Feudalsystem des Großen Kurfürsten mit der antiautoritären Revolte zu tun? Individuum versus Staat? Ach Gott. Wir sehen altbekannte Demo-Aufnahmen mit u. a. Rudi Dutschke, einmal auch Luftbilder des zerstörten Berlin von 1945 - als Konsequenz des auf die Spitze getriebenen preußischen Militarismus?
Günter Grass tritt auf in Uniform und erzählt von seiner Zeit in der Waffen-SS, ein rauchender Helmut Schmidt im Rollstuhl räsoniert über die Freuden der Pflicht wie in Lenzens "Deutschstunde", der Große Kurfürst (Volker Ringe gewohnt düster), selbst vom Gewissen geplagt, empfängt auf der Toilette sitzend. Das ist noch einigermaßen stringent. Ärgerlicher sind etliche Slapstick-Einlagen. Da wird eine "Tagesschau" persifliert, die Soldaten reiten davon wie in Monty Pythons "Ritter der Kokosnuss", ein Herz wird herausgerissen, Heute-Show statt Kleist, ähnlich platt. Ach ja, der Walküren-Ritt fehlt auf der deutschen Bühne nicht wie etliche Ziate aus anderen Wagner-Opern, nicht die gemeinsam intonierte "Wacht am Rhein" (ansonsten ist Cornelius Borgoltes Musik durchaus diskutabel) oder Club-Med-Animationen.
Maximilian Lindners Bühne ist schon aufwändig und liebevoll mit allerlei 68er-Devotionalien vom Matratzenlager bis zum Filmplakat mit Uschi Obermaier ausgestattet mit einer klug platzierten Videoleinwand. Darin stapfen die Darsteller in historischen Kostümen herum (Johanna Hlawica). Gar nichts Positives? Doch. Über weite Strecken bleiben Kleists Blankverse erhalten, die Ambivalenzen der Figuren, insbesondere des Kurfürsten, werden schön herausgearbeitet, und die Schauspieler, allen voran naturgemäß Katharina Rehn in der Titelrolle, beweisen ihre Klasse. Pina Kühr als Natalie wäre stellvertretend zu nennen - auch Eckhart Neuberg, Florian Walter und Iris Hochberger sind wieder einmal zu sehen. Vor allem in der zweiten Hälfte dominiert das Darstellerische den Klamauk.
Hoch pathetische Sprache und Krawall: Das geht nicht zusammen. Der berüchtigte letzte Satz des Dramas wird verballhornt zu "Ins Bett mit allen Feinden Brandenburgs". Quod erat demonstrandum.



Termine und Karten

Weitere Vorstellungen 30., 31. März, 6.-8., 23./24. April und weitere in Planung

Karten
Tel. 0951/873030, E-Mail kasse@theater.bamberg.de

Dauer
ca. 2 St. 15 Min., Pause