Klagewelle wegen Grundsteuer-Reform
Autor: dpa
, Sonntag, 21. Sept. 2025
Mehr als 2.000 Immobilieneigentümer haben bundesweit gegen das neue Grundsteuer-Gesetz geklagt. Bisher waren ihnen keine großen Erfolge beschieden. Nun ist der Bundesfinanzhof am Zug.
Das seit Anfang des Jahres geltende neue Grundsteuer-Gesetz hat eine für die Kläger bislang weitgehend erfolglose Prozesswelle zur Folge: Mehr als 2.000 Immobilieneigentümer hatten und haben Klage eingereicht, wie eine dpa-Umfrage bei den 18 deutschen Finanzgerichten ergeben hat. Spitzenreiter ist Hessen mit 636 Klagen, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit gut 425. In Bayern waren es deutlich weniger Klagen - 65 insgesamt. 43 gingen an das Finanzgericht München, 22 ans Finanzgericht Nürnberg. In München haben die Kläger mehr als die Hälfte ihrer Klagen selbst zurückgenommen.
Bundesweit ruhen hunderte Verfahren derzeit, weil die Prozesswelle auf die entscheidende Phase zusteuert: 14 Revisionsverfahren haben mittlerweile den Bundesfinanzhof in München erreicht. Zwei davon sind Fälle aus München.
Das neue Gesetz betrifft finanziell fast alle
Das Grundsteuer-Gesetz betrifft nahezu die gesamte Bevölkerung: Selbst zahlen müssen zwar nur Eigentümer. Doch können Vermieter die Kosten auf ihre Mieter umlegen. Von großer Bedeutung ist die Grundsteuer für die darbenden Kommunen, da die alljährlichen Milliardeneinnahmen Städten und Gemeinden zufließen. Bis der Bundesfinanzhof als höchstes Steuergericht seine Entscheidungen getroffen hat, setzen die Finanzgerichte in der ersten Instanz ihre Bearbeitung ähnlich gelagerter Fälle aus.
Grundstückswerte hatten mit der Realität nichts mehr zu tun
Ein beträchtlicher Teil der Verfahren in erster Instanz ist jedoch schon erledigt: Die Finanzgerichte haben viele Klagen abgewiesen, in etlichen anderen Fällen haben die Eigentümer ihre Klagen wieder zurückgenommen.
Doch woher rührt die Klagewelle? Das neue Grundsteuer-Gesetz gilt seit Anfang des Jahres. Notwendig war die Novelle, weil das Bundesverfassungsgericht die frühere Regelung 2018 für verfassungswidrig erklärt hatte. Die der Grundsteuer zugrundeliegenden Grundstückswerte waren im Westen seit 1964 nicht mehr aktualisiert worden, im Osten seit 1935.
Der Wert von Immobilien hat sich in den vergangenen Jahrzehnten je nach Region aber ganz unterschiedlich entwickelt. «Auch die geringe Höhe einer Steuer rechtfertigt die Verwendung solcher realitätsfernen Bewertungsregeln nicht», heißt es in dem nunmehr sieben Jahre alten Karlsruher Urteil.
Freie Hand für die Länder
Die Grundsteuer-Reform geriet schließlich zu einem äußerst komplizierten Flickwerk: Da etliche Landesregierungen gegen die Vorschläge des Bundes rebellierten, ließ dieser den Ländern mit einer Öffnungsklausel freie Hand: Sie konnten sich für das sogenannte «Bundesmodell» entscheiden oder eine eigene Regelung treffen. Davon Gebrauch machten Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen. Dementsprechend muss der Bundesfinanzhof nun Grundsatzentscheidungen in Serie treffen.