Kindern droht heftige Infektionswelle: Corona sorgt für Nachholeffekt - "außergewöhnlich schwere Verläufe"

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Viele Kinder kämpfen noch immer mit den gesundheitlichen Folgen der Corona-Pandemie.
Viele Kinder kämpfen noch immer mit den gesundheitlichen Folgen der Corona-Pandemie. Symbolbild.
Kind, krank, Fieber
Photographer:Sergey Novikov/Colourbox.de

Viele Kinder haben aktuell immer noch mit gesundheitlichen Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Es droht ihnen derzeit ein "intensiver Nachholeffekt" klassischer Infektionskrankheiten. "Hier drohen außergewöhnlich schwere Verläufe", heißt es in einem aktuellen Arztreport.

In den meisten Bereichen scheint wieder eine gewisse Normalität eingekehrt zu sein. Es existieren kaum noch Corona-Regeln, die seitens der Landes- oder Bundesregierung vorgegeben sind. Die Politik setzt bereits seit einigen Monaten auf Freiwilligkeit in Sachen Isolation bei Infektion und Masketragen. Über Corona-Fallzahlen spricht derzeit niemand mehr.

Und dennoch haben viele Menschen immer noch an den Folgen der Corona-Pandemie zu knabbern. Mit den gesundheitlichen Folgen haben jetzt vor allem viele Kinder zu kämpfen. Wie der Arztreport der Barmer Krankheitskasse vom Dienstag (14. März 2023) zeigt, droht Kindern jetzt bei einigen Krankheiten ein gefährlicher Nachholeffekt.

"Hier drohen außergewöhnlich schwere Verläufe"

Klassische Infektionskrankheiten wie Scharlach bereiten Kindern hierzulande Probleme. Dem Report zufolge sei die übliche Scharlach-Welle während der Corona-Pandemie nahezu ausgeblieben, "was jetzt zu einem intensiven Nachholeffekt auf die nun älteren Schulkinder führt". Weiter heißt es: "Hier drohen außergewöhnlich schwere Verläufe."

Die Ergebnisse des Reports zeigen, dass sich im Jahr 2019 rund 235.000 Kinder mit Scharlach infiziert haben, im Jahr 2021 waren es nur noch etwa 25.200. Das entspricht einem Rückgang von gut 90 Prozent. Neben Scharlach sind auch weitere klassische Kinderkrankheiten während der Pandemie deutlich seltener aufgetreten als in den Jahren zuvor. Bei Ringelröteln gingen die Infektionen beispielsweise um 81 Prozent zurück. 

Auch die Infektionszahlen von Windpocken sanken während der Corona-Zeit um 64 Prozent. Allerdings sinken die Zahlen hier bereits seit einigen Jahren kontinuierlich durch die seit 2004 empfohlene Schutzimpfung, heißt es. 

Hand-Fuß-Mund-Krankheit unter Beobachtung

Doch es gibt auch Kinderkrankheiten, die einen gegenteiligen Effekt aufweisen. Von der Hand-Fuß-Mund-Krankheit waren im vierten Quartal des Jahres 2021 so viele Kinder von der Krankheit betroffen gewesen wie in keinem anderen Quartal seit dem Jahr 2005. Laut Barmer-Report waren es 141.800. Deshalb gelte es, die Hand-Fuß-Mund-Krankheit weiter zu beobachten, heißt es im Arztreport weiter. Vor allem, weil sich ein Kind durchaus mehrfach anstecken könne. Zudem ist die Krankheit auch an Erwachsene übertragbar

"Es müsse sich noch zeigen, wie sich die Fallzahlen nach vollständigem Wegfall der Kontaktbeschränkungen und der Maskenpflicht entwickelten", heißt es seitens Barmer. "Es sei nicht auszuschließen, dass es trotz ohnehin schon hoher Fallzahlen einen Nachholeffekt ähnlich wie bei Scharlach geben werde."

Zusätzlich zu den Erkenntnissen zur Entwicklung der klassischen Kinderkrankheiten liefert der Arztreport auch einen Überblick über die gesamte Versorgung von Kindern und Jugendlichen.

"Kinder sind die großen Verlierer der Corona-Pandemie"

Hier zeigt sich, dass die Heranwachsenden während der Pandemie ähnlich häufig ärztlich versorgt wurden wie vorher. "So haben von den mehr als elf Millionen Kindern in Deutschland im Jahr 2021 fast 94 Prozent mindestens einmal eine ambulante ärztliche Behandlung erhalten", heißt es in dem Bericht. Vor der Pandemie waren es mehr als 95 Prozent. Bei den Säuglingen und Kleinkindern bis vier Jahre waren sogar 99 Prozent in ärztlicher Behandlung. 

"Kinder sind die großen Verlierer der Corona-Pandemie", sagte Barmer-Chef Christoph Straub. "Sie litten unter vielen Entbehrungen und tragen heute die Konsequenzen für ihre Gesundheit. Eine drohende Scharlach-Welle bei Schulkindern ist nur ein Beispiel von vielen Infektionskrankheiten." Um solche negativen Effekte für die Zukunft zu vermeiden, müssten die richtigen Lehren aus der Pandemie gezogen werden, so der Mediziner. Straub forderte in diesem Zusammenhang evidenzbasierte Konzepte, die im Falle einer weiteren Pandemie "als eine Art Blaupause" dienen können. 

Derzeit grassiert außerdem das RS-Virus in Deutschland. Der Anteil an Säuglingen auf Intensivstationen ist alleine im letzten Quartal von 2022 um 350 Prozent angestiegen.