Koalitionsbeschluss zur Stromsteuer sorgt für Ärger
Autor: Michael Fischer, Andreas Hoenig, Marco Hadem und Basil Wegener, dpa
, Donnerstag, 03. Juli 2025
Hat die neue Regierung ihr Wort gebrochen? Oder ist das Nein zur Stromsteuersenkung einfach nur ehrlich? Merz und Klingbeil sind nach dem Koalitionsgipfel in der Defensive.
Wirtschaft und Verbraucherverbände sind verärgert, die Opposition ist empört und die Regierung versucht zu beschwichtigen: Die Spitzen von Union und SPD müssen am Tag nach dem Koalitionsausschuss ihr Nein zu einer Stromsteuersenkung für alle gegen heftige Kritik aus allen Richtungen verteidigen. «Wir können nur das Geld ausgeben, das wir haben», sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Wie auch sein Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) versprach er aber weitere Entlastungen, sobald die finanziellen Spielräume dafür da sind. CSU-Chef Markus Söder nannte dafür sogar schon ein Datum: Ziel sei es, die Steuersenkung für alle zum 1. Januar 2027 nachzuholen.
Hat die Koalition ihr Wort gebrochen?
Im Koalitionsvertrag hatte Schwarz-Rot versprochen: «Für schnelle Entlastungen um mindestens fünf Cent pro kWh (Kilowattstunde) werden wir in einem ersten Schritt die Stromsteuer für alle so schnell wie möglich auf das europäische Mindestmaß senken und die Übertragungsnetzentgelte reduzieren.» Allerdings galt dafür ein Finanzierungsvorbehalt. Nun werden zunächst nur die Industrie sowie die Land- und Forstwirtschaft entlastet.
Die Regierung spricht davon, dass potenziell mehr als 600.000 Unternehmen profitieren. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer schätzt, dass nur maximal 15 Prozent der Betriebe von der Senkung der Stromsteuer profitieren.
Für die privaten Haushalte bleiben die bereits beschlossenen Entlastungen auf anderen Wegen: bei den Netzentgelten und der Gasspeicherumlage. Nach den Berechnungen der Bundesregierung summiert sich alles auf zehn Milliarden Euro.
Die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, sprach trotzdem von einem «fatalen Signal» für die Bürger. «Gerade in Zeiten hoher Lebenshaltungskosten brauchen sie spürbare Entlastungen», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.
Wirtschaftsverbände laufen Sturm
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) warf der Koalition sogar einen Vertrauensbruch vor. «Die Stromsteuersenkung für alle Betriebe war nicht irgendwo angekündigt, sondern mehrfach und verbindlich schriftlich festgehalten - im Koalitionsvertrag, in Beschlüssen des vorherigen Koalitionsausschusses und im sogenannten Entlastungspaket der Bundesregierung», sagte Verbandspräsident Jörg Dittrich.
Im Koalitionsvertrag ist auch eine andere Klausel enthalten, die die Koalitionäre vom Vorwurf des Wortbruchs entlastet: der Finanzierungsvorbehalt. Der besagt, dass die Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nur gelten, wenn das Geld dafür da ist. Darauf berufen sich jetzt auch Merz, Klingbeil und Co. Der Kanzler betonte, dass die Regierung ihre Arbeit «mit Ehrlichkeit» machen wolle. «Unsere öffentlichen Haushalte werden in den nächsten Jahren unter Druck geraten, sie werden viel häufiger von mir das Wort Konsolidierung hören.»