Merz will Stahlindustrie retten - auch mit Schutzzöllen
Autor: Andreas Hoenig und Helge Toben, dpa
, Donnerstag, 06. November 2025
Nach dem «Stahlgipfel» zeigt sich Kanzler Merz entschlossen. Mit einem Maßnahmenpaket soll die Krisenbranche gestützt werden. Vieles wird aber auf EU-Ebene entschieden.
Bundeskanzler Friedrich Merz sieht die deutsche Stahlindustrie in einer Existenzkrise und will die Branche auch mit Schutzzöllen unterstützen. «Wir sprechen über das Schicksal einer Schlüsselindustrie», sagte der CDU-Politiker nach einem «Stahlgipfel» im Kanzleramt. Merz versprach eine große Anstrengung der Bundesregierung, um die deutsche Stahlindustrie zu erhalten. Er unterstützt Vorschläge der EU-Kommission, die heimische Stahlindustrie mit deutlich höheren Zöllen vor billiger Konkurrenz aus Ländern wie China zu schützen.
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) sagte, das Fundament für ein starkes Deutschland sei eine starke Industrie - und die Stahlindustrie im Besonderen. Mit Blick auf das Milliarden-Sondervermögen für die Infrastruktur sagte der Finanzminister, die Bundesregierung wolle, das vorrangig heimischer und europäischer Stahl eingesetzt werde.
An dem «Stahlgipfel» nahmen neben weiteren Kabinettsmitgliedern auch Vertreter von Industrie und Gewerkschaften sowie Ministerpräsidenten von Bundesländern mit Stahlindustrie teil.
Branche schwer unter Druck
Die deutsche Stahlindustrie leidet unter der Krise in Abnehmerbranchen, vor allem der Autoindustrie. Hinzu kommen gestiegene Energiepreise, Billigimporte vor allem aus China, hohe US-Importzölle und hohe Kosten für den Umbau hin zu einer klimafreundlicheren Stahlproduktion. Die Branche warnte vor einem dauerhaften Verlust von Industriearbeitsplätzen in Deutschland.
«Wertschöpfung, die heute abwandert, holen wir nicht zurück», sagte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Gunnar Groebler. «Der Handlungsdruck ist groß.» Der Zweite Vorsitzende der Gewerkschaft IG Metall, Jürgen Kerner, wählte ein drastisches Bild: Die Branche befinde sich im «Schockraum».
Merz sagte, die Stahlindustrie sei in einer «existenzbedrohenden Krise». Er dankte ausdrücklich für emotionale Beiträge von Arbeitnehmervertretern, die dargestellt hätten, was die Lage für die Betriebe bedeute. Man spreche über das Schicksal von Unternehmen, vor allem aber auch über das Schicksal von Arbeitnehmern und ihren Familien, die darauf zählen und hoffen dürften und müssten, dass die Politik sich für den Erhalt dieser Arbeitsplätze einsetze.
Die Stahlindustrie leiste einen wichtigen Beitrag zum Erhalt industrieller Wertschöpfungsketten und wirtschaftlicher Resilienz in Deutschland und Europa. Groebler, Vorstandschef der Salzgitter AG, machte deutlich, ohne eine starke deutsche Stahlbranche gebe es die Gefahr von Abhängigkeiten von anderen Staaten.