Kann man, soll man, darf man die AfD verbieten?
Autor: Christopher Kissmann, Sebastian Fischer und Verena Schmitt-Roschmann, dpa
, Freitag, 05. Januar 2024
Topwerte in Umfragen, die politischen Gegner ratlos: Die AfD erlebt in Deutschland gerade einen Höhenflug. Ausgerechnet jetzt debattiert die politische Konkurrenz über ein Verbot. Kann das angehen?
Es ist ein heikler Fall. Kann man eine Partei juristisch ausbremsen, die in Umfragen bundesweit ein Fünftel der Wähler anzieht? Eine Partei, die in diesem Jahr in Ostdeutschland auf Wahlerfolge zusteuert und ihre politische Konkurrenz ratlos lässt?
Die Debatte über ein Verbot der AfD ist in vollem Gange, begründet mit extremistischen Tendenzen in der Rechtsaußenpartei. Aber auch die Befürworter wissen, dass die rechtlichen Hürden für ein Verbot hoch und die politischen Risiken erheblich sind.
Warum steht ein AfD-Verbot zur Debatte?
Die 2013 gegründete AfD wird inzwischen in drei Bundesländern vom jeweiligen Verfassungsschutz als «gesichert rechtsextremistisch» bewertet. Bundesweit gilt sie als «Verdachtsfall». Im Verfassungsschutzbericht 2022 wird dies ausführlich begründet. So sei «schätzungsweise ein extremistisches Personenpotenzial von etwa 10.000 Personen innerhalb der AfD anzunehmen».
Das «ethnisch-kulturell geprägte Volksverständnis» der AfD stehe im Widerspruch zur Offenheit des Volksbegriffs des Grundgesetzes, heißt es im Bericht. Es würden «rechtsextremistische und verschwörungstheoretische Narrative bedient» sowie «ausländer- und muslimfeindliche Positionen». Auch gebe es Anhaltspunkte für antisemitische Positionen, darüber hinaus «Diffamierungen und Verunglimpfungen politischer Gegner sowie des Staates und seiner Repräsentanten».
Die AfD wehrt sich juristisch gegen die Einstufung als Verdachtsfall und wirft dem Verfassungsschutz vor, die Partei aus politischen Gründen zu diskreditieren. Die AfD werde zur «politisch Verfolgten gemacht», sagte Parteichefin Alice Weidel letztes Jahr dem «Stern». Zur Debatte über ein Verbot will die Partei nichts sagen.
Wer will ein Verbot der AfD?
Befürworter gibt es in fast allen demokratischen Parteien, allerdings nicht durchgängig. In der SPD ist Parteichefin Saskia Esken eher dafür, der Ostbeauftragte Carsten Schneider dagegen. In der CDU plädiert der Sachse Marco Wanderwitz für ein Verbot, der Parteichef Friedrich Merz nicht.
Auch Befürworter äußern sich oft vorsichtig abwägend und räumen ein, dass eigentlich politische Argumente gegen die AfD zählen sollten. Doch sagt der Grünen-Politiker Konstantin von Notz auch: «Die AfD ist eine unsere Demokratie zutiefst verachtende Partei.» Der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan nennt die AfD eine «Gefahr für die Demokratie» und meint: «Die Option eines Parteienverbotes darf nicht voreilig aus der Hand gelegt werden.»